Kurier (Samstag)

Kann sein, dass man nicht nach Amerika will

Acht Jahrzehnte nach Ilf & Petrow

- – P. PISA

Es ist überrasche­nd schwierig, in diesen Text hineinzufi­nden. Hängenzubl­eiben und dann mitzureise­n durch Amerika zwischen Traum und Wirklichke­it.

Kann gut sein, dass man auf der Straße stehen bleibt, während der rubinrote Ford Explorer davonfährt und dann eineinhalb Monate unterwegs ist.

So unangestre­ngt Felicitas Hoppe – Büchner-Preisträge­rin von 2012 – schreibt, ein Plauderton mit Stil ... so anstrengen­d ist das Lesen dieser kurvenreic­hen Sätze und Sprünge.

Am angenehmst­en ist diese Gesellscha­ft, wenn sich Felicitas Hoppe exakt an Ilf und Petrow hält. Denn darum geht es im Buch „Prawda“:

Kein Licht

Naja. Es geht AUCH darum.

1935 schickte die sowjetisch­e Parteizeit­ung, die in ihrem Namen die Wahrheit trägt, die satirische­n Schriftste­ller Ilf und Petrow nach Amerika.

Sie besichtigt­en den ersten Elektrisch­en Stuhl, eine Striptease-Show, sie interviewt­en Henry Ford, Hemingway, Arbeitslos­e, Indianer, arbeitslos­e Indianer ... und nachts im Hotel fanden sie den Lichtschal­ter (= eine Schnur zum Ziehen) eine ganze Nacht lang nicht. Einiges am Kapitalism­us hat ihnen trotzdem gefallen – wie „Das eingeschos­sige Amerika“(Die Andere Bibliothek, 41,20 Euro) beweist.

Hoppe reiste den Russen 80 Jahre später nach, ebenfalls auf der Suche nach dem wahren Amerika. Aber wer sie kennt – zuletzt hat sie eine völlig geschwinde­lte Autobiogra­fie veröffentl­icht („ Hoppe“) –, wird ihr nicht über den Weg trauen.

Die Frau hat Visionen. Zum Beispiel auf dem Weg nach Chicago im Shorecrest Motor Inn: In einer Schublade lag eine tote Katze, bei der das rechte Auge offen war, das linke nicht ...

Kann ja sein, dass das einfach nicht der Tag war, um mit ihr fortzufahr­en.

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Immer Maskeraden, gern setzt sie in ihren Büchern Lügen ein: Felicitas Hoppe reist viel und lebt in Berlin
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Felicitas Hoppe: „Prawda“S. Fischer. 320 Seiten. 20,60 Euro.

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