„Capriccio“: Starke Singschauspieler auf der Suche nach einer echten Gräfin
Kritik. Die Stärke der Wiener Staatsoper ist das Orchester. Das war bei der ersten Vorstellung der Aufführungsserie von Richard Strauss’ „Capriccio“zu erleben. Am Pult stand Michael Boder, ein hervorragender Kapellmeister, der auch spürte, wann man die „Wiener“spielen lässt, wie im kammermusikalischen Vorspiel.
Wie bei der Premiere 2008 waren der Komponist Flamand mit Michael Schade und der Dichter Olivier mit Adrian Eröd bestens besetzt. Denn für ein Stück, in dem es vor allem darum geht, ob in der Oper die Musik oder das Wort dominiert, braucht man starke Singschauspieler.
Klar und wortdeutlich gibt Schade den Tonsetzer mit seinem herrlich timbrierten Tenor und agiert dabei auch noch ausdrucksstark. Eröd stattete den Poeten mit Noblesse und seinem Bariton herrlich aus. Angelika Kirchschlager gab wie vor zehn Jahren eine fulminante, stimmlich und darstellerisch dominante Clairon.
Ähnliches würde man auch gern von Anna Gabler berichten. Bei ihrem Hausdebüt als Gräfin hätte sie als Lehrerin überzeugen können, die ihren Schülern eine Oper als Hausübung aufgibt. Stimmlich fiel sie durch besondere Zurückhaltung auf. Markus Eiche (Graf), Wolf- gang Bankl (La Roche) und Peter Jelosits (Taupe) gefielen. Für die italienische Sängerin war Daniela Fally (Sängerin) eine Luxusbesetzung, Pavel Kolgatin ergänzte bescheiden. Marco Arturo Marellis praktikable Inszenierung funktioniert noch immer.