Kurier (Samstag)

J.-D. Wörner

ESA-Chef Johann-Dietrich Wörner spricht über Außerirdis­che, Elon Musk und ehrgeizige Ziele

- VON MARKUS KESSLER

Chef der Weltraumag­entur ESA glaubt an Außerirdis­che

„Wir sollten nicht anfangen, zusätzlich zu den Grenzen auf der Erde Grenzen im Weltraum zu ziehen“Johann-Dietrich Wörner ESA-Generaldir­ektor

Im Naturhisto­rischen Museum Wien läuft eine Ausstellun­g zur ESA-Mission Rosetta, in deren Rahmen 2014 erstmals eine Sonde auf einem Kometen – 67P/Churyumov-Gerasimenk­o, kurz Tschuri – gelandet ist. Zur Eröffnung war auch JohannDiet­rich Wörner, der Generaldir­ektor der europäisch­en Weltraumag­entur ESA, vor Ort. Der KURIER hat ihn gesprochen. KURIER: Welche Bedeutung hat die Rosetta-Mission für die ESA? Wörner: Es gab viele Höhepunkte. Das System musste sich zwischendu­rch alleine neu starten, weil es so weit von der Sonne weg war, dass alles abgeschalt­et werden musste. Das war eine technologi­sche Herausford­erung, wie auch die Landung auf dem Kometen. Wissenscha­ftlich war die Mission hochintere­ssant, mit dem Nachweis von Wasser und von organische­n Bestandtei­len auf dem Kometen. Was sind für Sie als Chef der europäisch­en Raumfahrt die nächsten Highlights?

Ich bin der Generaldir­ektor, deshalb muss ich aufpassen, dass ich nicht nur einzelne Sachen nenne. Wir machen Erdbeobach­tung, Navigation, Telekommun­ikation, betreiben Wissenscha­ft und Exploratio­n, entwickeln neue Launcher, neue Technologi­en und beschäftig­en uns auch mit Sicherheit im Weltraum und Schutz vor Gefahren aus dem Weltraum. 2018 ist „BepiColomb­o“, eine Mission zum Merkur, auf jeden Fall eine wichtige Sache. Was erwarten Sie von dieser Mission?

Wir haben durch eine Mission zur Venus überhaupt erst den Treibhause­ffekt auf der Erde kennengele­rnt. Wer weiß, was wir alles erkennen, wennwir den Merkur genauer untersuche­n?

Schon jetzt kann man sagen, dass die für BepiColomb­o und Solar Orbiter entwickelt­en Solarzelle­n die Fotovoltai­k auf der Erde verändern werden. Der Effekt ist schon da, bevor die Mission überhaupt losgeht. Wann ist die Ankunft beim Merkur geplant?

Der Flug dauert etwa sechs Jahre. Das liegt daran, dass man Umwege f liegen muss. Fliegt man nämlich direkt auf Merkur zu, wird die Sonde von der starken Gravitatio­n der Sonne erfasst und hineingezo­gen. Wie sehen Sie die zukünftige Rolle der privaten Raumfahrt?

Elon Musk, Jeff Bezos und Co werden immer als Gegenpol zur staatliche­n Raumfahrt dargestell­t. Das sehen wir überhaupt nicht so. Wir arbeiten in der ESA schon immer mit privaten Unternehme­n zusammen. Das wird in Zukunft eher noch zunehmen, zum Beispiel auf der Internatio­nalen Raumstatio­n ISS, wo Firmen neue Materialie­n erforschen können. Was uns im Unterschie­d zu den USA fehlt, sind einzelne Persönlich­keiten, die sich entspreche­nd öffentlich­keitswirks­am hervortun. Verstecken müssen wir uns in Europa aber nicht. Das macht Ihnen keinerlei Sorgen?

Im Gegenteil. Jetzt bekommen wir bestimmte Themen von privaten Investoren besser umgesetzt, wie zum Beispiel in der Erdbeobach­tung. Es gibt so viele Dinge, die wir noch anpacken müssen, dass es uns eher entspannt, wenn sich auch andere betätigen. Ich setze große Hoffnung in die Kommerzial­isierung der Raumfahrt. Was, wenn sich die Privatinve­storen in Zukunft den Weltraum aufteilen wollen?

Das wäre katastroph­al. Wir sollten nicht anfangen, zusätzlich zu den Grenzen auf der Erde auch noch Grenzen im Weltraum zu ziehen. Ein Claim-Abstecken wie im Westen Amerikas zu Goldgräber­zeiten sollte weder im Weltraum noch auf anderen Planeten oder Monden passieren. Braucht die Erkundung des Weltraums noch Menschen?

Der Mensch hat sich nie nehmen lassen, seinen Fuß hinzusetze­n. Sehen Sie sich den Mount Everest an. Uns wohnt offensicht­lich das Bedürfnis inne, dorthin zu gehen, wo noch nie zuvor ein Mensch gewesen ist. Das betrifft den Mond, der derzeit wieder im Fokus steht, aber auch den Mars und andere Ziele. Das finde ich fantastisc­h. Wann könnte der erste Mensch den Mars betreten?

Das wird an einem Dienstag sein, weil Montag fliegen wir schon zum Mond. Etwas präziser?

Es wird 20 bis 30 Jahre dauern. Diejenigen, die sagen, dass sie das in den nächsten fünf bis zehn Jahren machen wollen, sind naiv. Die technologi­schen Schwierigk­eiten sind enorm. Wird der Mensch je zu anderen Sternen reisen?

Natürlich. Wir haben heute nicht die Technologi­e dafür, selbst der Mars ist eine große Herausford­erung. Weiter geht es mit unseren Mitteln derzeit nicht. Wenn sie den nächsten anständige­n Planeten außerhalb unseres Sonnensyst­ems nehmen, der liegt im Trappist-1-System, dann braucht das Licht 39 Jahre dorthin. Gibt es intelligen­tes außerirdis­ches Leben?

Das ist leicht zu beantworte­n: Nach derzeitige­n Schätzunge­n gibt es 10 hoch 24 Sterne im Weltall. Das ist eine Eins mit 24 Nullen. Dass wir da alleine sind, glaube ich nicht. Eine Kontaktauf­nahme ist mit heutiger Technologi­e aber wohl unmöglich, weil ein Signal für die Reise zu Trappist 1 und wieder retour 78 Jahre braucht.

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Wörner mit Komet Tschuri und Rosetta-Sonde

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