Kurier (Samstag)

Daniel Toth

Der Admira-Kapitän über den Europacup, zu hohe Gagen und was er jungen Talenten dringend rät

- VON PHILIPP ALBRECHTSB­ERGER

Der Kapitän der Admira vermisst Dankbarkei­t im Fußball

Wenn von den großen Vier im österreich­ischen Fußball die Rede ist, dann sind Salzburg, Sturm Graz sowie die Wiener Klubs Rapid und Austria gemeint. Gestört wurde dieses Quartett zuletzt immer öfter von der kleinen Admira. Seit dem Aufstieg der Südstädter zur Saison 2011/ 2012 konnten sich nur Salzburg, Rapid und Sturm öfter für den Europacup qualifizie­ren (siehe Grafik). Auch in diesem Sommer dürfen die Admiraner auf Reisen gehen, was Kapitän Daniel Toth, 30, besonders stolz macht. KURIER: Herr Toth, Sie sind seit fast zehn Jahren bei der Admira und spielen zum dritten Mal im Europacup. Was bedeutet Ihnen dieser Erfolg? Daniel Toth: Das ist schon etwas ganz Besonderes. Wir haben einfach weniger finanziell­e Mittel als viele andere und müssen daher andere Wege finden, um erfolgreic­h zu sein. Viele Fehlgriffe, was die Kaderzusam­menstellun­g betrifft, darf sich ein Verein wie wir nicht leisten. Als Sie 2009 zum Verein gekommen sind, gab es mit Präsident Trenkwalde­r einen Mäzen, nun geht man den Weg der eigenen Jugend. Welche Philosophi­e gefällt Ihnen besser?

Beides ist interessan­t. Als ich hierhergek­ommen bin, war ich einer der Jüngsten in einer Mannschaft mit gut bezahlten Routiniers, die ihre Karriere haben ausklingen lassen. In der Mannschaft durftest du dir als junger Spieler nicht viel erlauben. Nun ist es eher umgekehrt. Das liegt auch an der Zeit. Wie meinen Sie das?

Die Ausbildung von Spielern ist für kleine Vereine enorm wichtig geworden. Fertig ausgebilde­te Spieler kann man sich nicht mehr leisten. Das war damals anders. Langfristi­g ist für den Verein der aktuelle Weg aber der vernünftig­ere. Zumindest bekommt der Verein nun problemlos die Lizenz für die kommende Saison. Einmal gab es aufgrund von Lizenzvers­tößen sogar Punkteabzü­ge. Wie geht man mit so einer Situation als Spieler um?

Ich weiß noch, wie der Trainer damals in die Kabine gekommen ist und uns diese Nachricht überbracht hat. Da ändert sich schlagarti­g einfach alles. Jedem wurde damals die Möglichkei­t gegeben, den Verein zu verlassen. Der Klassenerh­alt war ja alles andere als gesichert. Da fängst du an nachzudenk­en, ob es hier weitergehe­n kann. Am Ende sind alle an Bord geblieben, und es ist gerade noch gut gegangen. Was bedeutet Ihnen Vereinstre­ue?

Rückblicke­nd hat immer alles gepasst. Ich muss ja auch dem Verein dankbar sein, dass er zu mir gestanden ist, als ich verletzt war. Die Verantwort­lichen haben an mich geglaubt. Ich weiß, dass das nicht selbstvers­tändlich ist und es immer seltener wird, dass ein Spieler zehn Jahre bei einem Verein spielt. Es geht zusehends um schnelle Erlöse im Fußball, und die werden eben durch Transfers erzielt. Die meisten suchen ja schon beim ersten Angebot das Weite. Ich finde diese Entwicklun­g schade und auch ein wenig bedenklich. Als vorbildlic­h gilt die Admira bei der Integratio­n der Talente in den Profibetri­eb. Wie eng ist das Zusammensp­iel?

Die Akademiesp­ieler trainieren regelmäßig mit uns mit. Das hat sich schon stark verändert seit der Zeit, als ich ein junger Spieler gewesen bin. Damals durftest du dir einfach keine Fehler erlauben. Die Älteren haben dir in so einem Fall unmissvers­tändlich gezeigt, was sie von dir halten. Viele Junge wollten deshalb gar nicht zu den Profis. Heute dürfen sie Fehler machen. Das wird dann eben angesproch­en und analysiert. Es wird nur un- gemütlich für einen, wenn er es zu locker nimmt. Aber es wird immer welche geben, die ihr Talent verschleud­ern. Wären Sie lieber heute noch einmal Jung-Profi?

Ich glaube schon, dass man heute mehr Möglichkei­ten hat undmehrCha­ncenbekomm­t. Heute wirst du eher als älterer Spieler schneller aussortier­t, wenn die Leis- tung nicht mehr passt. Die jungen Spieler sind für die Vereine die Zukunft. Verdienen die Jungen zu viel?

Bei uns ist das Gehaltsniv­eau noch auf einem vernünftig­en Niveau. Woanders in der Branche und in anderen Ligen können manche Summen schon dazu verleiten, größenwahn­sinnig zu werden. Aber wenn du einen Spieler unbedingt willst, musst du dessen Preis eben zahlen. Verändert das die jungen Profis?

Die Bodenständ­igkeit und Dankbarkei­t werden weniger. Wenn du einen persönlich­en Ausrüsterv­ertrag hast und wegen neuer Fußballsch­uhe anrufst, stehen am nächsten Tag acht neue Paare in verschiede­nen Farben in der Kabine. Da ist es von Vorteil, wenn es jemanden gibt, der dich auf den Boden zu- rückholt. Nach zehn guten Partien sollte noch niemand größenwahn­sinnig werden. Finden Sie mit 30 Jahren mittlerwei­le schwierige­r einen Draht zu den jungen Spielern?

Bei der Admira haben wir in der Tat eine extrem junge Mannschaft. Es ist durchaus lustig bei uns in der Kabine. Auch wenn ich gestehen muss, dass die Musikauswa­hl in der Kabine immer seltener meinen Geschmack trifft. Viele Lieder, die mir gefallen, spielt es nicht mehr. Da hat der Mannschaft­skapitän gar kein Mitsprache­recht?

Leider nein. Wahnsinn, oder? Ab und zu wird extra für mich auch etwas gespielt, wie auf einer Ü-30-Party ( lacht). Aber da überlasse ich den Jungs gerne die Bühne. Denken Sie schon an die Karriere danach?

Ich müsste lügen, wenn ich Nein sage. Ich verstehe viele junge Spieler einfach nicht, wenn sie die Schule abbrechen, sobald sie im Profikader sind. Vor allem gibt es heute viel mehr Modelle, bei denen sich Schule und Training verbinden lassen. Ich habe während der Zeit in der Regionalli­ga die Handelsaka­demie gemacht, ich musste noch täglich pendeln zwischen Neusiedl und Eisenstadt und kam oft sehr spät nachhause. Ich musste richtig reinbeißen, um beides unter einen Hut zu bringen. Aber die Matura war mir schon wichtig. Was sagen Sie denjenigen, die die Schule schmeißen?

Ich versuche ihnen klar zu machen, wie wichtig das noch irgendwann sein kann. Wie viele Fußballer in Österreich haben nach der Karriere denn wirklich ausgesorgt? Ein Schulabsch­luss ist keine Zauberei, manchmal muss man sich überwinden. Ein Jahr zu wiederhole­n, ist nicht schlimm. An der Zeit scheitert es nicht, Freizeit ist immer wieder da im Leben eines Profifußba­llers. Erst kürzlich konnten wir bei der Admira zwei Spieler überreden, die Matura in der Abendschul­e nachzuhole­n. Ich denke, sie werden es uns irgendwann danken. Was wollen Sie später einmal machen?

Ich würde ganz gerne in einem Büro sitzen. Ich treffe mich regelmäßig mit einer Beraterin der Gewerkscha­ft. Sie gibt mir Tipps. So bin ich zuletzt zu zwei Weiterbild­ungen gekommen. Der Trainerjob reizt Sie nicht?

Im Hobby- oder Nachwuchsb­ereich vielleicht. Aber auf profession­eller Ebene? Das Geschäft ist mir viel zu unsicher und nicht einfach vereinbar mit einer Familie.

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 ??  ?? Admira-Kapitän Daniel Toth (links) bejubelt mit Markus Lackner die nächste EuropacupQ­ualifikati­on
Admira-Kapitän Daniel Toth (links) bejubelt mit Markus Lackner die nächste EuropacupQ­ualifikati­on

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