Einstieg mit Ausstiegsklausel
Über dem Möbelhaus-Deal des Tiroler Investors René Benko schweben noch viele Fragezeichen
Die Übernahme der Möbelhandelskette Kika/Leiner durch die Signa-Gruppe ist das nächste Husarenstück, das der Tiroler Investor René Benko gemeistert hat.
„Ich kann René Benko dazu nur gratulieren, er hat das toll gemacht“, sagt Frank Albert, Chef des unterlegenen Mitbieters und Einkaufszentren-Betreibers Supernova, zum KURIER. „Wir hoffen für die Mitarbeiter, dass das Ganze auch funktioniert.“
Zugleich räumt Albert ein, dass er – im Gegensatz zu Benko – keine Bestandsgarantie für Kika/Leiner angeben hätte können. Eine Bestandsgarantie bedeutet allerdings auch nicht per se, dass alle 5500 Arbeitsplätze erhalten werden.
Kika/Leiner ist ein Sanierungsfall, Einsparungen wird es auch beim Personal geben. Zwar ist der Deal durch die Kika-Leiner-Mutter Steinhoff bereits unterzeichnet, die entsprechenden Verträge sollen aber erst am Montag fertig werden.
Hintertür bleibt offen
Da Steinhoff-Verantwortliche unter dem Verdacht stehen, Bilanzen gefälscht und Gelder illegal abgeschöpft zu haben, hat Signa eine Vorsichtsmaßnahme getroffen. Sollten sich beim KikaLeiner-Immobilienportfolio etwaige Unregelmäßigkeiten ergeben, kann Benko noch bis Ende Juli aus dem Deal aussteigen. Eine solche Ausstiegsklausel ist bei Notverkäufen üblich.
Außerdem hat Benkos Team noch bis 19. Juni Zeit, eine vertiefte Prüfung der Bücher und Bilanzen von Kika/Leiner vorzunehmen. Bisher war keine Zeit dafür. Signa ist erst am 30. Mai ins Rennen um Kika/Leiner eingestiegen. Der neue Eigentümer hofft nun, dass sich die Nervosität bei Mannschaft und Lieferanten wieder legt.
Wie berichtet, hat Kika/Leiner am Freitag die fälligen Kommunalsteuern gezahlt, jedoch nicht die Lohnabgaben. Die Gebietskrankenkassen wurden um kurzfristige Stundungen ersucht, Signa hat zugleich aber eine Zahlungsgarantie abgege-
„Das ist erst der Beginn der Story. Man muss abwarten, wie es weitergeht.“Christian Wimmer Garant/Wohnunion ben. In Sachen Lohnabgaben-Stundung soll auch Bundeskanzler Sebastian Kurz Signa zur Hilfe geeilt sein.
Erst derBeginnderStory
Kika/Leiner soll als Möbelhaus erhalten werden. Die Frage ist allerdings, in welcher Form. Zur Bestandsgarantie und zur Frage, für wie lange diese abgegeben wurde, sind bisher keine Details bekannt.
„Dass es eine österreichische Lösung gibt, ist natürlich begrüßenswert. Aber das ist erst der Beginn der Story. Man muss abwarten, wie es mit dem Unternehmen weitergeht“, sagt Christian Wimmer, Sprecher von 147 Möbelfachhändlern der GarantAustria und von 129 Raumausstattern der Wohnunion.
Branchenkenner rechnen damit, dass der ImmobilienTycoon Benko langfristig nicht alle Standorte halten wird. Wenn von den aktuell 46 Standorten in Österreich zehn geschlossen werden, bedeutet das auch die Streichung von ein paar Hundert Arbeitsplätzen. Die Frage ist auch, ob in einer zweiten Runde Konkurrent XXXLutz zum Zug kommt und ein paar Standorte übernimmt. Gegen dieses Szenario werden vermutlich auch die Wettbewerbshüter nicht viel einzuwenden haben, wird gemutmaßt. Die Lieferanten der Möbelhäuser atmen vorerst auf. Sie hatten befürchtet, dass die Marktkonzentration im Möbelhandel weiter steigt. Schon jetzt teilen sich drei Player zwei Drittel des Marktes untereinander auf.
Stephan Fanderl, Geschäftsführer von Signa Retail, gibt zunächst Entwarnung, was drohende Filialschließungen angeht: „Das Unternehmen ist werthaltig. Wir sind uns nach sorgfältiger Analyse absolut sicher, dass das Unternehmen wieder erfolgreich aufgestellt werden kann“, lässt er per Aussendung ausrichten.
Jedenfalls seien die hundert Millionen Euro, die Benko zuschießen will, sicher nicht ausreichend, um das Filialnetz auf den neuesten Stand zu bringen. Der neue Eigentümer muss sich mit dem Investitionsstau auseinandersetzen, der sich in den vergangenen 15 Jahren aufgebaut hat. „Es wird darüber diskutiert werden müssen, ob beide Marken fortgeführt werden“, heißt es aus dem Signa-Umfeld. Es könnte also durchaus sein, dass sich der neue Eigentümer auf die Marke Leiner konzentriert, deren Image weniger angekratzt ist als jenes von Kika.
Außerdem gibt es unter den Signa-Managern die Idee, dass die Karstadt-Standorte in Deutschland womöglich um „Kika/Leiner-Möbel“erweitert werden. Entsprechende Flächen sind jedenfalls vorhanden. Bisher werden bei Karstadt nur Wohnaccessoires angeboten.