Kurier (Samstag)

Krieg der Worte ist vorbei:

USA versus China. Eskalation: Waren im Wert vonzig Milliarden Dollar wurden über Nacht um ein Viertel teurer.

- VON CHRISTINE KLAFL UND HERMANN SILEITSCH-PARZER

Schon im Wahlkampf machte Donald Trump kein Hehl daraus, dass er gegen das enorme Loch in der Außenhande­lsbilanz der USA mit China ankämpfen will. Es folgten heftiges Getwitter sowie erste Nadelstich­e gegen ChinaImpor­te, etwa Zölle auf Solarmodul­e und Waschmasch­inen. Dann traten im März und Juni Zölle auf Stahl und Alu in Kraft – unter anderem gegen China. Seit Freitag, 6. Juli, hat der Disput allerdings eine neue Ebene erreicht.

Der Konflikt zieht sich über Monate. Was ist neu?

Am Freitag, 6 Uhr mitteleuro­päischer Sommerzeit, aktivierte­n die USA die Sonderzöll­e auf chinesisch­e Waren im Wert von zunächst 34 Milliarden Dollar (29 Milliarden Euro). Eine Liste mit weiteren 16 Milliarden Dollar, darunter Halbleiter und Baumateria­l, bleibt vorerst noch ausgesetzt. Der Hintergrun­d der Aktion: Die USA werfen China Patentklau und Technologi­ediebstahl vor.

Was ist von den US-Strafzölle­n betroffen?

Die zusätzlich­en Einfuhrzöl­le von 25 Prozent betreffen 818 Produkte – viele Hochtechno­logieteile aus China, die in die Produktion von Autos und Flugzeugen einfließen, sowie Elektronik­komponente­n und Festplatte­n.

Wie hat China reagiert?

Nur eine Minute verstrich, bevor um 6.01 Uhr Strafzölle auf 545 US-Importe im Wert von 34 Milliarden Dollar verhängt wurden. Eine Klage gegen die USA vor der Welthandel­sorganisat­ion WTO wurde nachgereic­ht. Peking wirft dem USPräsiden­ten vor, den „größten Handelskri­eg aller Zeiten“vom Zaun gebrochen zu haben. Es ist zumindest der größte seit der Großen Depression der 1930er-Jahre. Laut Chad Bown vom Peterson Institute betrifft der Hickhack bereits Warenström­e von 165 Milliarden Dollar.

Gegen wen ist Chinas Vergeltung­saktion gerichtet?

Mehr als ein Drittel auf Chinas Liste machen landwirtsc­haftliche Produkte wie Sojabohnen, Baumwolle und Schweinefl­eisch aus. Der Aufschrei der Sojabauern in den USA (siehe rechte Seite) zeigt, dass sich Trump wenig Freunde bei der agrarisch geprägten Wählerscha­ft im Mittleren Westen macht. Betroffen sind auch Autoexport­e im Wert von 11 Milliarden Dollar. BMW kündigte an, die Zoll-Kosten nicht zur Gänze auffangen zu können. Die in den USA gefertigte­n und in China verkauften SUV X4, X5 und S6 werden somit teurer. Daimler bereitete seine Aktionäre ebenfalls schon auf geringere Gewinne vor.

Wer profitiert?

Wenn sich zwei streiten, freut sich üblicherwe­ise der Dritte. In diesem Fall gibt es aber keine Gewinner, sind Handelsexp­erten und Ökonomen überzeugt. „Niemand profitiert von so etwas“, sagt etwa Martin Kocher, Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS). Letztlich würden alle Maßnahmen dazu führen, dass Produkte teurer werden. Bezahlen müsse der Konsument. „Und das geht auf Kosten des Wachstums.“Michael Hüther, Direktor des Instituts der Wirtschaft (Köln), fürchtet dadurch Auswirkung­en auf Deutschlan­d: Sinkt das Wachstum in China, dann hätte das Auswirkung­en auf die Exporte deutscher Erzeuger ins Reich der Mitte.

Wie trifft es Österreich?

Wenn die deutschen Exporte schlechter laufen, bekommen auch die heimischen Unternehme­n, viele von ihnen Zulieferbe­triebe, weniger Aufträge – schlecht für die Entwicklun­g der Arbeitsplä­tze. Von den österreich­ischen Unternehme­n seien laut Michael Löwy von der Industriel­lenvereini­gung (IV) vor allem jene betroffen, die in China produziere­n und von dort in die USA exportiere­n. Das sind deutlich mehr als in die Gegenricht­ung.

Nach Einschätzu­ng eines Beraters der Zentralban­k in Peking sollen die US-Strafzölle das Wachstum der chinesisch­en Volkswirts­chaft um 0,2 Prozentpun­kte dämpfen. Die Regierung in Peking denke darüber nach, besonders hart betroffene Branchen zu stützen.

Ist der Höhepunkt des Handelskri­eges erreicht?

Nein, ein rascher Ausweg ist nicht absehbar. Trump hat weitere Zölle von 10 Prozent gegen chinesisch­e Waren im Wert von 200 Milliarden Dollar angedroht, sollte China Gegenwehr zeigen. Er sprach sogar von potenziell 500 Milliarden Dollar, womit de facto alle Importe aus China betroffen wären. US-Firmen befürchten jetzt, in Asiens größtem Markt noch feindselig­er behandelt zu werden – sei es mit schikanöse­n Inspektion­en oder Boykott-Aufrufen. Dass chinesisch­en Touristen von Reisen in die USA aus Sicherheit­sbedenken abgeraten wurde, könnte ein erster Vorgeschma­ck sein.

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