Ein Blackout besiegelte den Aufstieg
Treffer nach einer Standardsituation und nach einem Tormannfehler – Frankreich ist im Halbfinale
Gut möglich, dass die russischen Meteorologen mitverantwortlich sind für die emotionale Hochwetterlage, die aktuell über Frankreich herrscht. Während etliche andere Favoriten bereits gestrauchelt sind, steht die Équipe Tricolore nach dem 2:0-Erfolg gegen Uruguay in der Runde der letzten vier.
Vor dem Viertelfinale in Nischni Nowgorod hatten die Meteorologen eine Unwetterwarnung ausgegeben, mit dem Hinweis: Je länger das Spiel dauern würde, desto eher würden die Protagonisten Gefahr laufen, auf dem Platz ein richtiges Donnerwetter zu erleben. Angesichts der jüngeren Bilanz der beiden Teams – vier der letzten fünf Duelle zwischen Uruguay und Frankreich endeten torlos – musste einem da schon Übles schwanen.
Doch die Franzosen wollten augenscheinlich nicht im Regen stehen, geschweige wollten sie es auf ein Elfmeterschießen ankommen lassen, auf das es die defensivstarken Südamerikaner in Abwesenheit ihres Stürmerstars Edinson Cavani offensichtlich angelegt hatten.
Die beleidigte linke Wade hatte den Goalgetter von Paris Saint-Germain im Viertelfinale zur Untätigkeit gezwungen. Und jeder in Uruguay weiß, was es bedeutet, wenn das hochveranlagte Stürmer-Duo Edinson Cavani/Luis Suárez nicht gemeinsame Sache machen kann. In den vier WM-Spielen, in denen entweder Cavani oder Suárez fehlten, war Uruguay sieglos geblieben.
Geduldsspiel
Es war also nur zu verständlich, dass Uruguay gegen die Franzosen von Beginn an sein Heil in der Defensive suchte. Zumal sich Teamchef Óscar Tabárez bisher noch immer auf seine Abwehrkräfte verlassen konnte: Bis zum Vier- telfinale hatten die robusten Südamerikaner 2018 in sieben Partien erst ein Gegentor erhalten.
Entsprechend schwer tat sich Favorit Frankreich dann lange Zeit auch, gefährlich in den gegnerischen Strafraum vorzudringen. Eine Verzweiflungstat von Paul Pogba stand sinnbildlich für die offensive Harm- und Hilflosigkeit des Weltmeisters von 1998: Der Mittelfeldmann versuchte mit einem Schuss aus 35 Metern Entfernung sein Glück (19.). Das war aber noch nichts gegen Uruguays Außenverteidiger Martin Cáceres,, der sogar aus der eigenen Hälfte einen Torschuss abfeuerte (31.). Ohne seinen kongenialen Partner Cavani blieb auch Luis Suárez völlig isoliert, Ersatzmann Cristian Stuani war eine Vorgabe und wurde auch nach einer Stunde vom Feld genommen.
Fairnesspreis
Es konnte im Grunde nur Rettung in Form einer Standardsituation oder eines Blackouts geben. Sonst hätte auch das fünfte der letzten sechs Duelle der beiden Nationalteams torlos geendet.
Und so kam es dann auch kurz vor der Pause. Ein gefinkelter Freistoß von Antoine Griezmann, ein präziser Kopfball von Verteidiger Raphaël Varane – und gebrochen war endlich der Bann, und perfekt die französische Führung – 1:0 (40).
Beinahe wäre den Südamerikanern sogar postwendend der Ausgleich gelungen – treffenderweise nach einer Standardsituation. Der französische Goalie Hugo Lloris konnte einen CáceresKopfball aber mit einer starken Parade an die Stange lenken (42.).
Sein Berufskollege stellte sich dann nach der Pause freilich weit weniger geschickt an. Fernando Muslera ließ einen harmlosen Schuss von Antoine Griezmann durch die Finger rutschen und besiegelte damit den Aufstieg von Frankreich. Und das Aus von Uruguay.
Die Südamerikaner dürfen sich mit einem Titel trösten, den kaum jemand dem Team vom Río de la Plata zugetraut hat. Angesichts seiner WM-Historie mit neun Ausschlüssen. Mit drei gelben Karten war Uruguay die fairste Mannschaft bei dieser WM.