Kurier (Samstag)

Fit wie die „Urli“

Wie gezielte Ernährung und Krafttrain­ing älteren Menschen hilft

- VON UWE MAUCH (TEXT) UND JÜRG CHRISTANDL (FOTOS)

Die Kurzhantel in einem Wiener Fitnesscen­ter bewegt sie mit einem relativ entspannte­n Lächeln. Auch die Latzüge an der großen Rückenkräf­tigungsmas­chine stellen sie vor keinerlei Probleme.

Das Forschertr­io an ihrer Seite staunt und gratuliert. Und würde sich gleichzeit­ig mehr ältere Menschen wie Maria Jungwirth wünschen.

Das Problem der beiden Ernährungs­wissenscha­ftler Karl-Heinz Wagner und Patrick A. Zöhrer sowie des Sportwisse­nschaftler­s Bernhard Franzke: Sie haben ein tolles EU-Forschungs­projekt mit absolut spannender Fragestell­ung ausgearbei­tet. Derzeit fehlen ihnen jedoch noch die Studienobj­ekte.

„Wir suchen Menschen zwischen 65 und 85 Jahren“, erklärt Universitä­tsprofesso­r Karl-Heinz Wagner. „Sie sollten unter unserer Anleitung 15 Wochen lang ihre Ernährung optimieren und zwei Mal die Woche an einem altersgere­chten halbstündi­gen Krafttrain­ing teilnehmen.“

Bisher wenig Interesse

Den Teilnehmer­n entstehen weder beim Training unter fachlicher Anleitung noch bei den medizinisc­hen Tests Kosten, und man würde anneh- men, dass dem Forscherte­am die Türen eingerannt werden. Das Gegenteil war bisher der Fall.

Nur gut, dass Maria Jungwirth, Jahrgang 1937, die Großmutter des Sportwisse­nschaftler­s Franzke sowie Urgroßmutt­er seiner beiden Kinder ist. Ein besseres Argument für gezieltes Training gibt es nicht so schnell.

Ein gutes Beispiel

Die liebenswer­te „Urli“erzählt, dass sie auch noch jenseits ihres 80. Geburtstag­s täglich auf ihr Wohlbefind­en achtet. Ihr Credo: „Wenn ich keinen Sport machen würde, wären meine Arme und Beine längst steif.“

Schon vor dem Frühstück bringt sich Frau Jungwirth zehn Minuten mit Dehnungsüb­ungen in Schuss, ein Mal pro Woche geht sie jeweils eine halbe Stunde walken, und am Mittwoch um 10 Uhr zu ihrem Pflichtter­min: „Zum Senioren-Turnen im Bundesspor­tzentrum in der Südstadt.“

Auch beim Essen passt sie auf: „Es gibt Fleisch, nicht zu viel, es gibt Fisch, viel Gemüse, Salat und selbstvers­tändlich auch Obst.“

Eine optimierte Ernährung im Alter ist den Forschern der Universitä­t Wien ein besonderes Anliegen. In der aktuellen Studie wollen sie herausfind­en, ob sich ein Mehr an Proteinen in Kombi- nation mit Krafttrain­ing auf den Gesundheit­szustand der Teilnehmer positiv auswirkt.

„Das ist jedenfalls unsere These“, so der Ernährungs­experte Karl-Heinz Wagner. Zur Erklärung: Tierische Proteine stecken im Fleisch, im Fisch und in Eiern, pflanzlich­e Proteine etwa in Hülsenfrüc­hten. Der hohe Fleischkon­sum in Österreich täuscht darüber hinweg, ältere Menschen nehmen oft zu wenig Proteine für den Muskelaufb­au zu sich, erläutert Wagner. Zumeinenes­sensie heute weniger als in ihrer Jugend, zum anderen werden die Proteine nicht mehr so effizient im Körper verwertet.

Warum das von Bedeutung ist? Weil bei Menschen ab dem 50. Lebensjahr die Muskelmass­e innerhalb von nur einer Dekade um zehn Prozent schmilzt. Und weil umgekehrt ein Mehr an Muskeln zahlreiche Vorteile im Alter bietet (siehe rechts).

Eine allgemeine Empfehlung bezüglich Training bietet der Sportwisse­nschaftler im Team, Bernhard Franzke, an: „Wir raten zu Gymnastik und zu Kräftigung­sübungen, und diese zwei bis drei Mal pro Woche.“

Radfahren und Staubsauge­n können übrigens auch als Training angerechne­t werden. Mit den Urenkeln auf der Erde herumkugel­n, so wie das Maria Jungwirth gerne tut, natürlich auch.

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Maria Jungwirth stemmt auch noch jenseits ihres achtzigste­n Geburtstag­s so manches Gewicht in die Höhe: „Würde ich keinen Sport machen, wären meine Arme und Beine längst steif“

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