Verbesserungen bei Mathematura
„Eltern und Schüler haben ein Recht auf spürbare Veränderungen“, sagt Bildungsexperte Kurt Scholz
Wien. 2019 sollen die Ergebnisse der Mathematik-Matura besser ausfallen, sagt Bildungsexperte Kurt Scholz, der nun durch Österreich fährt.
KURIER: Jeder fünfte Schüler scheiterte schriftlich bei der Mathematik-Zentralmatura vergangenes Schuljahr. Warum haben Sie den Auftrag angenommen, ehrenamtlich die Mathematik-Maturaaufgaben zu optimieren? Kurt Scholz: Unmittelbar nach der Zentralmatura hat mich Bildungsminister Heinz Faßmann ( ÖVP, Anm.) angerufen und gesagt, dass es Probleme gibt und ob ich helfen könnte. Dass 40.000 junge Menschen zur Zentralmatura gehen, die mehr oder weniger gut zwölf Jahre Schule absolviert haben, und dann mit ihren Familien vor negativen Ergebnisse zittern müssen, das kann einen menschlich nicht unberührt lassen. In den vergangenen Wochen haben Sie Gespräche mit Direktoren von „statistisch auffälligen“Schulen geführt. Was haben Sie herausgefunden?
Es sind Schulen, die in einem soziologisch unglaublich schwierigen Umfeld angesiedelt sind – also im Wesentlichen Oberstufenrealgymnasien mit Jugendlichen, die aus resignativen und bildungsfernen Milieus kommen. Die Schulen bemühen sich unter den schwierigsten Bedingungen. Da haben etwa Eltern andere Vorstellungen, was Arbeit für 17und 18-Jährige bedeutet. Schule ist es nicht. Die Jugendlichen sollen kellnern und nebenbei in die Schule gehen. Und dann sollen sie die Zentralmatura in Mathematik schaffen. In einer zweiten Phase haben Sie mit den Landeshauptleuten, den jeweiligen Landesräten für Bildungsfragen und den neuen Bildungsdirektoren gesprochen – was war hier Ihr Eindruck?
Alle waren unglaublich kooperativ und offen, was Verbesserungen betrifft. Ich hatte mir da viel mehr Kritik erwartet. Und Parteifarben spielten keine Rolle. Es gab aber auch viele Anregungen. Am 2. Oktober startet die sogenannte „Zuhör-Tour“durch die Bundesländer. Dabei sollen in Innsbruck, Graz, Linz, St. Pölten und Wien Gespräche mit Eltern, Schülern, Lehrern und der Schulaufsicht geführt werden. Welche Ergebnisse erwarten Sie?
Das Ministerium geht bewusst hinaus, dass die verantwortlichen Personen einmal vor Ort hören, wie die Situation eingeschätzt wird. In der ersten Phase sollen einmal pragmatische Ergebnisse angestrebt werden. Ich glaube, dass Eltern, Schüler und auch Lehrer ein Recht darauf haben, dass es ganz kon- kret im April 2019 spürbare, kleine Veränderungen gibt. Es ist nicht die große Reform, aber die erarbeiteten Ergebnisse sollen auch die Lernfähigkeit eines Systems unter Beweis stellen. Was wird 2019 verändert?
Einer der Hauptpunkte, der bisher von allen gekommen ist: Bitte senkt nicht das Niveau der Mathematik-Matura, aber reformiert dringend die Verständlichkeit der Aufgabenstellungen. Durch die Bank wurde mir gesagt – auch von Direktoren, die Mathematiklehrer sind –, dass sie manche Beispiele zwei Mal lesen mussten, um sie zu verstehen. Da waren Formulierungen, die fast sprachliche Fallen dargestellt haben. Die sprachliche Überarbeitung der Beispiele wurde daher vom Ministerium bereits in Angriff genommen. Betrifft das auch die Feldtestungen?
Die Beispiele werden vorher von Hunderten Jugendlichen durchgegangen. Wenn ein Beispiel von 80 Prozent nicht verstanden wird, dann soll dieses rausgenommen und durch fairere Fragestellungen ersetzt und nicht schikanös erst recht gegeben werden. Das ist auch etwas, was im April 2019 spürbar sein muss. Daher gehe ich davon aus, dass die Ergebnisse nächstes Jahr besser sein werden – ohne irgendwelche Eu- lenspiegeleien zu machen und Punkte runterzusetzen zum Beispiel. Was steht mittelfristig alles zur Debatte?
Ich bin der Meinung, dass nicht mitten im Fluss der Vorbereitungen der nächsten Matura zu viel gewechselt werden sollte. Aber mittelfristig gibt es eine Fülle an Anregungen. Derzeit gibt es bei der Beurteilung zum Beispiel nur ein binäres Denken: richtig oder falsch. Wenn alles richtig gerechnet wurde, aber am Ende die Mengenangaben fehlen, zählt das Beispiel trotzdem null Punkte. Viele sagen, man soll dieses System ersetzen und zumindest zwei Punkte vergeben können.