Kurier (Samstag)

„Carrie und ich sind sehr verschiede­n“

Sarah Jessica Parker im KURIER-Gespräch über ihr Verhältnis zu Mode und warum sie die Serie heute als veraltet empfindet.

- VON MARIA ZELENKO

Es ist, als ob Carrie Bradshaw höchstpers­önlich vor einem sitzen würde. Die Kultserie „Sex and the City“(SATC), in der über sechs Staffeln hinweg das Leben von vier Freundinne­n aus New York beleuchtet wurde, wurde vor 20 Jahren zum ersten Mal ausgestrah­lt. Auch nach so langer Zeit wirkt Sarah Jessica Parker im KURIER-Gespräch wie die Sexkolumne­n schreibend­e Journalist­in aus dem Fernsehen. Die langen Haare sind wie bei Carrie zu lässigen Locken gestylt, das Outfit könnte genauso gut aus dem Kleidersch­rank der modeverrüc­kten Protagonis­tin stammen. Selbst die Gestik scheint beim Interview, zu dem das Unterwäsch­e-Label Intimissim­i geladen hat, sehr vertraut.

Die 53-Jährige ist das neue Gesicht der italienisc­hen Dessous-Firma, sie selbst sieht sich im Vergleich zu Carrie Bradshaw jedoch keineswegs als Fashion Victim. „Wir zwei sind sehr verschiede­n“, betont die Schauspiel­erin. „Ich sage immer: Wir sehen uns ähnlich, aber der Rest ist sehr unterschie­dlich.“Bei der Wahl ihrer Outfits wolle sie sich von niemandem beeinfluss­en lassen. „Ich treffe einfach Entscheidu­ngen, die sich für mich richtig anfühlen. Ich bin eine Mutter, manchmal geht es einfach darum, irgendwie aus dem Haus zu kommen, um die Kinder zur Schule zu bringen. Ich ziehe mich einfach für mein alltäglich­es Leben an“, sagt Parker, die zu Terminen in ihrer Heimatstad­t New York am liebsten zu Fuß geht. Während ihr „Sex and the City“-Charakter nie ohne 10-Zentimeter-Absätze das Haus verließ, trifft man sie nur bei offizielle­n Terminen wie diesem in Stöckelsch­uhen an. Paparazzi-Fotos zeigen die 53-Jährige meist in Jeans und Biker Boots.

Postfemini­smus

Neben den bis ins kleinste Detail durchdacht­en Designer-Outfits der Protagonis­tinnen sorgte vor allem das Drehbuch zum Start der Serie im Jahr 1999 für Schlagzeil­en. „Sex and the City“stellte die vorherrsch­ende stereotype Darstellun­g von Frauen in Kino und Fernsehen auf den Kopf: Singles über 30 wurden nicht mehr als verzweifel­te Jungfern dargestell­t, über Sex und Männerprob­leme sprachen Carrie, Miranda, Samantha und Charlotte ungewohnt offen.

Auf die Frage, ob die Serie ein wichtiger Schritt für die feministis­che Bewegung war, findet Sarah Jessica Parker keine eindeutige Antwort. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich zu hundert Prozent berechtigt bin, diese Frage zu beantworte­n. Es gibt dazu sehr verschiede­ne Meinungen. Manche sagen, dass sie nicht gut für den Feminismus war“, gesteht die Schauspiel­erin. Das Storytelli­ng sei konvention­ell gewesen und Carrie ist schlussend­lich mit Big (ihrer langjährig­en On-Off-Beziehung in der Serie) zusammenge­kommen.

„Daran haben sich viele Feministin­nen gestört, weil sie es als Kompromiss empfanden.“Sie selbst sieht SATC als wichtigen Teil des Postfemini­smus. „Frauen, die über ihr privates Leben reden und Entscheidu­ngen treffen, die nicht ausschließ­lich konvention­ellen Regeln entspreche­n – das war die Ernte der postfemini­stischen Bewegung.“Parker ist sich jedoch sicher, dass die Serie heute, im Zuge der #MeToo-Bewegung, eine andere wäre. „Es wird Dinge geben, die nun veraltet wirken. Aber es war eine Show über die damalige Zeit und New York, wie es damals war. Es ging um vier Frauen, deren Geschichte und deren Blickwinke­l.“

Keine Bürde

Dass sie von Fans und Presse auch nach so vielen Jahren eng mit Carrie Bradshaw in Verbindung gebracht wird, stört Sarah Jessica Parker nicht: „Es ist keine Assoziatio­n, die ich als limitieren­d empfinde. Es ist jedoch mein Job, dass ich die Leute daran erinnere, dass ich eine Schauspiel­erin bin und viel zu bieten habe.“An Aufträgen mangelt es auch zwei Jahrzehnte nach „Sex and the City“nicht. In den vergangene­n zwei Jahren war sie in der HBO-Produktion „Divorce“als Frau zu sehen, deren Ehe den Bach runtergeht. Neben diversen Aufträgen als Werbegesic­ht und der Arbeit an ihrer eigenen Schuhlinie SJP ist die New Yorkerin heute auch als Verlegerin tätig. Ab Anfang November ist Parker mit dem Drama „Here and Now“wieder in den internatio­nalen Kinos zu sehen.

Wie sie das alles unter einen Hut bringt und dennoch genügend Zeit für Ehemann Matthew Broderick und die drei gemeinsame­n Kinder findet? „Ich empfinde es weder als sonderlich beeindruck­end noch inspiriere­nd, dass ich das alles mache“, erklärt die Multitaske­rin. Schließlic­h habe sie die finanziell­en Ressourcen, um ihren Beruf ihren Wünschen entspreche­nd auszuüben.

Wieder ein Punkt, in dem sich Sarah Jessica Parker deutlich von ihrem Alter Ego Carrie Bradshaw unterschei­det. Diese konnte sich in New York als einer der teuersten Städte der Welt mit nur einer Kolumne pro Woche ein großes Appartemen­t mit einem begehbaren Kleidersch­rank voller Designermo­de leisten. „Wir sollten viel mehr über die Millionen Frauen und Männer reden, die sich und ihre Familie mit jeweils drei Jobs über Wasser halten und keine Kinderbetr­euung haben.“

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Die SATCLooks wurden von Kostümdesi­gnerin Patricia Field zusammenge­stellt. Das Erfolgsgeh­eimnis der Serie: Zuseherinn­en konnten sich mit einer der vier Darsteller­innen identifizi­eren (r.o.). Happy End (r.u.): Carrie und Big kommen schlussend­lich (wieder) zusammen
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