„Wir fordern Russland auf, derartige Angriffe zu unterlassen“
Demokratie bedroht. Deutschland, Großbritannien, die Niederlande werfen dem Militärgeheimdienst GRU massive Hackerangriffe vor
Berlin hat am Freitag Russland für eine Reihe von Cyber-Angriffen auf staatliche Einrichtungen und weitere Institutionen verantwortlich gemacht. „Die Bundesregierung geht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass hinter der Kampagne APT28 der russische Militärgeheimdienst GRU steckt“, sagte der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. APT (Advanced Persistent Threat) ist der Name für ein Hackerkollektiv.
Er schloss sich damit Einschätzungen unter anderem britischer und niederländischer Behörden an. „Wir verurteilen derartige Angriffe auf internationale Organisa- tionen und auf Einrichtungen unserer Verbündeten auf das Schärfste“, sagte Seibert. „Wir fordern Russland auf, seiner Verantwortung gerecht zu werden und derartige Angriffe zu unterlassen.“
Kritische Infrastruktur
Neben staatlichen Stellen nähmen die Angreifer gezielt auch multinationale Einrichtungen oder auch sogenannte kritische Infrastruktur ins Visier. Dabei sei in der Vergangenheit eine Vielzahl weltweiter Angriffe der APT28-Kampagne zugeordnet worden. Wenn solche Attacken Erfolg hätten, „könnten sie die freiheitliche Gesellschaft, die öffentliche Si- cherheit, im Grunde auch unsere Demokratie unmittelbar bedrohen“, so Seibert.
Großbritannien und die Niederlande sowie weitere westliche Regierungen hatten am Donnerstag Russland groß angelegte Hacker-Attacken vorgeworfen. Die USA hatten sieben Agenten des russischen Militärgeheimdienstes GRU unter anderem wegen der Cyberattacke auf die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA angeklagt. Niederländische Sicherheitsbehörden haben nach eigenen Angaben einen Angriff russischer Hacker auf die in Den Haag beheimatete Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) verhindert. Den Haag veröffent- lichten unter anderem Bilder von der Spionage-Ausrüstung sowie Daten von beschlagnahmten Geräten.
Nach Angaben der Ermittler wollten die GRUAgenten im April ins WLANNetz der OPCW eindringen. Die Organisation untersuchte damals Chemiewaffen-Angriffe in Syrien sowie die Nervengift-Attacke auf den ehemaligen russischen Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter Yulia in Großbritannien.
Aus den Gerätedaten gehe hervor, dass auch HackerAttacken in der Schweiz und auf die strafrechtliche Untersuchung zum Abschuss des Passagierfluges MH17 geplant gewesen seien, hieß es.
Mit den Angriffen auf die WADA und den Leichtathletikverband IAAF wollten die russischen Hacker nach Darstellung der US-Ermittler wiederum von den Vorwürfen eines staatlich betriebenen Dopings gegen Russland ablenken. Zuvor hatte schon die britische Cyberabwehr eine Liste von Hackergruppen veröffentlicht, hinter denen „so gut wie sicher“der GRU stehe.
Das russische Außenministerium wies am Freitag die Vorwürfe erneut zurück. „Wir können zu dem Schluss kommen, dass eine weitere Propagandakampagne gegen unser Land im Gange ist“, schrieb Sprecherin Maria Butina auf Twitter.