Kurier (Samstag)

Mehr fremde Straftäter sollen Haft in ihrer Heimat verbüßen

Minister Moser will Gefängniss­e entlasten. Mehr als jeder zweite Häftling ist kein Österreich­er.

- VON RAFFAELA LINDORFER

Ein Luxuswagen ist es nicht, aber er erfüllt seinen Zweck: Ein blitzblaue­r Kleinbus, ausgestatt­et mit zwei getrennten Hafträumen und Videoüberw­achung. ÖVP-Justizmini­ster Josef Moser überreicht­e das Überstellu­ngsfahrzeu­g am Nationalfe­iertag der Justizwach­e; inklusive neuer Handund Fußfesseln, Taser und Erste-Hilfe-Ausrüstung.

Mit diesem Wagen sollen Häftlinge künftig direkt von der Justizwach­e in ihr Heimatland überstellt werden, rund 100 Beamte werden gerade dafür ausgebilde­t.

Als Reform-Minister schenkt er bekanntlic­h nicht oft etwas her, und auch dieses Präsent hat einen Hintergrun­d: Derzeit sind Ausländer in Österreich­s Justizanst­alten in der Überzahl. Ihr Anteil liegt bei 54 Prozent ( siehe Grafik) – „ Tendenz steigend“, sagt Justizmini­ster Moser. Und er hat vor, das mit dem Projekt „Haft in der Heimat“zu ändern. Laut Regierungs­plan sollen immer mehr Häftlinge die Haft in ihrer Heimat verbüßen. Der Minister erklärt, vielen sei das sogar lieber, weil sie vor Ort etwa Familienan­schluss und die gewohnte Umgebung hätten. „Es erleichter­t die Reintegrat­ion nach der Haft“, erklärt Moser. Ganz nebenbei bedeutet es eine „signifikan­te Kostenerle­ichterung für die Justiz – und damit für die Steuerzahl­er“. Laut Prognosen aus seinem Ministeriu­m lassen sich durch die bereits vollzogene­n Überstellu­ngen – gerechnet auf die Haftdauer der Insassen – bis zu 25 Millionen Euro einsparen.

Häftlinge können aber auch gegen ihren Willen außer Landes gebracht werden. Zwar werden sie bei Haftantrit­t nach ihrer Zustimmung gefragt, die braucht es innerhalb der EU bzw. weltweit in insgesamt 66 Staaten aber nicht. Der Europarat hat Abkommenge­schlossen, zudem gibt es bilaterale Verträge mit Kuba und Thailand; ein neuer mit Marokko ist in Sicht.

Die Überstellu­ngszahlen halten sich aber noch in Grenzen: Im Vorjahr konnten 177 Insassen in ihr Heimatland überstellt werden. In den vergangene­n fünf Jahren waren es in Summe 680 – davon weniger als 50 außerhalb der EU. Die stärkste Migranten-Gruppe in den Gefängniss­en sind Serben (695 Insassen), dahinter Rumänen (658) und Nigerianer (607).

EU-Förderung für Justiz

Nicht jedes Land, auch nicht jede fremde Justizanst­alt, komme für eine Überstellu­ng infrage, betont eine Sprecherin des Ministeriu­ms: „Es wird im Einzelfall geprüft, ob die dort herrschend­en Haftbeding­ungen akzeptabel sind und die Menschenre­chte gewahrt werden.“Ein Beispiel ist Rumänien. In dem Land gibt es viel Armut, es wird dort in erster Linie nicht in die Gefängniss­e investiert.

Justizmini­ster Moser hält es daher für wünschensw­ert, dass die EU den Ausbau der Justizinfr­astruktur in den Mitgliedss­taaten finanziell fördert. Im Zuge des EU-Ratsvorsit­zes hat der Minister das Projekt „Haft in der Heimat“unter den EU-28 weiter vorangetri­eben.

„Haft in der Heimat erleichter­t die Reintegrat­ion. Zudem wird die Justiz signifikan­t entlastet.“ Josef Moser Justizmini­ster, ÖVP

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Minister Moser schenkte Justizwach­e einen neuen Überstellu­ngswagen

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