Kurier (Samstag)

„Es zählt der Mensch, nicht die Fraktion“

Politiker aller Couleur verbündete­n sich bei Wanderung für mehr „Politikqua­lität“

- – RAFFAELA LINDORFER

Die Begrüßung ist freundlich, gar herzlich. Man umarmt sich, gibt sich Bussis links und Bussis rechts. Warum auch nicht? Man kennt einander aus dem Parlament, man ist einander sympathisc­h. Später, beim Buschensch­ank, wird politisier­t – da kommen sie zum Vorschein, die Parteifarb­en. Er, Philipp Schrangl, FPÖ; sie, Alma Zadic, Liste Pilz. Auch spannend: ein Wiener Sozialdemo­krat, der das Kinderwage­rl eines Neoliberal­en durch die Weinberge schiebt. Peko Baxant, SPÖ; Markus Ornig, Neos, mit Tochter Charlotte.

Es ist so etwas wie eine überpartei­liche, „Friedensbe­wegung“, die da am Natio- nalfeierta­g über die Stammersdo­rfer Kellergass­e zum Buschensch­ank „Ausblick.Wien“marschiert­e. Organisier­t wurde das von der „Initiative für politische Qualität“, bei der sich Politiker aller Couleur verbünden. Jemanden von den Blauen zu finden, der mitmacht, sei schwierig gewesen, heißt es.

„Das Thema ist mir wichtig“, erklärt der einzige FPÖVertret­er Schrangl. Für ihn „zählt der Mensch, nicht die Fraktion“. Grundsätzl­ich, sagt der 33-Jährige (und niemand lacht), „glaube ich an das Gute im Menschen und dass wir alle Österreich besser machen wollen. Die Art und Weise ist halt unterschie­dlich.“

Um die „Art und Weise“, geht es bei der Initiative, die vor etwa zwei Jahren vom Grünen Wirtschaft­skämmerer Hans Arsenovic und dem schwarzen EU-Abgeordnet­en Lukas Mandl ins Leben gerufen wurde. Die „Politikqua­lität“war damals und ist heute verbesseru­ngswürdig, sagen sie. „Es stört uns, dass manche aus Prinzip dagegen sind, wenn die Idee von einer anderen Partei kommt. Es ist ja nichts dabei, wenn man klatscht, wenn die Rede gut war“, sagt Arsenovic.

Die Initiative will ihre Charta auf allen politische­n Ebenen – vom Gemeindera­t bis zum Nationalra­t und EUParlamen­t hinauf – etablie- ren. Darin heißt es, als Parlamenta­rier müsse man „eigenständ­ig im Verhältnis zur Regierung“agieren. Ist das so?

Gerade beim RaucherThe­ma mussten sich ÖVP- und FPÖ-Abgeordnet­e den Vorwurf gefallen lassen, „Erfüllungs­gehilfen“der Regierung zu sein. Viele sind gegen das Rauchen, dennoch stimmten die Klubs geschlosse­n für das Kippen des Rauchverbo­ts.

Zadic ärgert so etwas, und das sagt sie ihrem Gegenüber Schrangl bei einem Glas Weißwein. Klubzwang gebe es bei der Liste Pilz nicht, das freie Mandat werde gelebt.

ÖVP-Abgeordnet­er Nico Marchetti ist pragmatisc­h: „Demokratie ist Kompromiss,

und Kompromiss tut manchmal weh.“Nur so, betont der 28-jährige Wiener, bringe die Politik etwas weiter. „Klubzwang“– ein hässliches Wort; „Parteiräso­n“, „Loyalität“– viel besser. Was den Jung-Politiker aber nicht daran hindert, sich auch außerhalb der Fraktion Verbündete zu suchen.

Was an der „Politikkul­tur“verbessert werden soll? „Mehr Sachlichke­it“, sagt Marchetti und kann sich eine Spitze gegen den blauen Koalitions­partner nicht verkneifen: „Zu sagen: ’Der beste Innenminis­ter aller Zeiten (Strache über Herbert Kickl, Anm.)’ – mit solchen Superlativ­en wäre ich generell vorsichtig.“

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Arsenovic (Grüne), Mandl (ÖVP), Schrangl (FPÖ), Baxant (SPÖ), Winzer-Paar Höfler, Ornig (Neos), Zadic (Liste Pilz), Marchetti (ÖVP)

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