Im geheimnisvollen Koffer war Werbung für Sapporo-Bier
„Kogii, wie vom Fluss fortgetragen, nicht wieder zurück kommt“?
Kogii war der Spitzname vom kleinen Kenzaburo.
Kogii war auch der Name des Freundes, den der Bub herbeifantasiert hatte.
Geflüchtet
Wie oft bei den Büchern von Ōe wird die Übersetzung aus wirtschaftlichen Gründen jahrelang gut überlegt. In Japan erschien „Der nasse Tod“schon 2009.
Als Untertitel hat der Verlag S. Fischer jetzt auf den Umschlag schreiben lassen: „Roman über meinen Vater“. Das ist, wie ausgeführt, leicht übertrieben.
Fast nebensächlich wird verraten, dass der Vater damals, als er ertrank, mit dem Boot flüchten wollte: Angeblich war er an einem Aufstand beteiligt gewesen, und man hatte ihn verfolgt.
Der Sohn dachte, Vater starb, als er den Damm ausbesserte.
Kein Kaninchen
Kenzaburo Ōe kann zaubern, aber meistens wird nicht er es sein, der das Kaninchen aus dem Hut holt. Das muss jeder, der sich auf ein Buch von ihm einlässt, selbst tun, und das ist mitunter ganz schön anstrengend.
Aber sonst gibt es keine Magie zu spüren.
Dem japanischen Nobelpreisträger ist wichtiger, wie er sich im Kampf mit den Romanfiguren schlägt. Wichtiger als die Zahl seiner Leser.
Es hat vielleicht etwas mit beginnendem Irrsinn zu tun, Ōe hier keine bessere KURIER-Wertung zu geben als Lerchbaum, Goermans, Kaindlstorfer.
Aber von deren Büchern hat man mindestens ebenso viel; und diesmal war kein Kaninchen im Zauberhut.
Mit „Lügenland“hatte die studierte Architektin Gudrun Lerchbaum, wie sooo viele, halt auch einen Thriller geschrieben (in dem „Wertlose“gejagt werden). Aber „Wo Rauch ist“, das zweite Buch der Wienerin, ist einzigartig ... weil die Hauptpersonen einmalig sind.
Wo Rauch ist. Rotwein
Olga, eine an MS erkrankte, im Rollstuhl sitzende Buchhändlerin aus der Margaretenstraße: Revoluzzerin; eine Frau, die sich nicht unterkriegen lässt.
Dr. Adrian, ein Grabredner, sehr weich, nach Begräbnissen braucht er Rotwein. Und Kiki, die viele Jahre wegen Mordes im Haft war. Olgas Ex-Mann, ein türkischstämmiger Journalist, wurde ermordet, die Ermittlungen des Trios gehen in Richtung Erdogan. Aber: „Wozu geheimbündlerische Aktivitäten, wenn rechte Recken in den Ministerien sitzen?“
Wolf Haas’ Sprache von den Brenner-Krimis färbt etwas ab. Aber es ist eine schöne Farbe. Nächstes Mal bitte etwas mehr von Wien. Edelweiß. Unter dem Pseudonym „Wels“(weil in Wels aufgewachsen) hat ORF-Journalist Günter Kaindlstorfer vor fast einem Jahrzehnt in Erzählungen unter dem Titel „Maitage“gezeigt, dass er zart übers Stolpern ins Erwachsenenleben schreiben kann. In „Edelweiß“ist er historisch, etwas zu brav, und nun zeigt er, dass er sogar „Action“kann, immer im Dienste der Frage um Schuld ... und der Denkmalpflege:
Agenten
Dutzende österreichische Widerstandskämpfer ließen sich von den Alliierten als Fallschirmspringer ins „Reich“fliegen. Sie wurden Agenten und fast immer gefangen, gefoltert ... Um eine wahre Geschichte in die Literatur zu transportieren, hat Kaindlstorfer 60 Büchern verarbeitet.
Die Rahmenhandlung mit einer Mutter, deren Sohn heutzutage „Dreiviertelnazi“ist, bremst den Roman. Wenn sie sich einen Garderobeständer leistet, als Belohnung, weil sie usw ..., dann ist das Ballast zum Abwerfen.