Kurier (Samstag)

Facebook als Propaganda-Werkzeug

Russland nutzt soziale Medien, um staatliche Institutio­nen zu schwächen

- – MARKUS KESSLER

Russland steht im Verdacht, profession­elle Strukturen aufgebaut zu haben, um die öffentlich­e Meinung in anderen Staaten zu manipulier­en. Das funktionie­rt nicht nur über grobschläc­htige Methoden wie das Hacken politische­r Institutio­nen, sondern vor allem über soziale Netzwerke. Viel Geld kostet das nicht, weil schon eine einzige Person über mehrere Profile und mithilfe von automatisi­erten Nachrichte­nverteilun­gsrobotern sehr viele Menschen erreichen kann.

Dazu kommt, dass der Nachweis solcher Beeinfluss­ungsversuc­he äußerst schwierig ist. Das gilt auch für den Nachweis direkter politische­r Aufträge. Konkrete Be- weise für eine groß angelegte, koordinier­te staatliche Beeinfluss­ungsaktion gab es erstmals im Zusammenha­ng mit den US-Präsidents­chaftswahl­en 2016. Damals hatten Akteure mit Verbindung­en zu Russland in sozialen Netzwerken kampagnisi­ert. Mit Werbeeinsc­haltungen und Botschafte­n, die über Facebook und Twitter verbreitet wurden, sind laut Schätzunge­n 146 Millionen US-Amerikaner erreicht worden.

Die Vorkommnis­se sind nach wie vor Gegenstand von Ermittlung­en. Seither gab es eine Reihe von weiteren, staatlich gelenkten Versuchen, Wahlen zu beeinfluss­en. Die Universitä­t Edinburgh hat 400 Twitter-Kon- ten, die Russland zugeordnet werden können, identifizi­ert, die vor der Brexit-Wahl Stimmung gemacht haben.

Solche Kampagnen werden auch aus anderen Ländern heraus gefahren. So sind etwa aus dem Iran und Venezuela Beispiele bekannt. Ob westliche Regierunge­n versuchen, ihre Interessen auf diese Weise zu wahren, kann nur vermutet werden.

Gegenmaßna­hmen

Die Aufdeckung solcher Kampagnen hat bewirkt, dass Facebook und andere Netzwerke jetzt verdächtig­e Konten löschen. Auch politische Werbung wird genauer kontrollie­rt. Dadurch sind die Kampagnen subtiler ge- worden. Die Akteure verlegen sich darauf, Gesellscha­ften zu spalten und das Vertrauen in politische Institutio­nen zu schwächen. Vor den Wahlen heuer in Italien war das beim Thema Migration zu beobachten. In Irland soll es vor der Abtreibung­sabstimmun­g Kampagnen gegeben haben. Inwiefern solche Polarisier­ungsversuc­he Wirkung zeigen, lässt sich nicht erheben. In den USA und Europa wird das Problem jedenfalls ernst genommen.

Das EU-Parlament fordert mit Blick auf die Wahlen 2019 strengere Maßnahmen der Netzwerke. So soll das Erstellen von Profilen zu Wahlkampfz­wecken verboten werden.

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