Kurier (Samstag)

Licht mit einigem Schatten

Ukraine. EU-Kommissar Hahn überbracht­e Fortschrit­tsbericht zu Assoziieru­ngsabkomme­n

- AUS KIEW STEFAN SCHOCHER

Es ist ein Besuch in turbulente­n Zeiten, den EU-Erweiterun­gskommissa­r Johannes Hahn am Freitag in Kiew absolviert­e. In dem Land stehen Wahlen bevor, die ökonomisch­e Lage ist instabil, die Währung schwach, und zuletzt hatten sich Angriffe auf Vertreter der Zivilgesel­lschaft massiv gehäuft. Und so war es auch ein Treffen mit Anti-Korruption­s-Aktivisten, mit dem Hahn seinen Besuch in der Ukraine noch in der Nacht auf Freitag begann.

Laxe Behörden

Darunter auch die Anwältin der erst unlängst verstorben­en Aktivistin Kateryna Handzhyuk, die an den Folgen eines Säureangri­ffs gestorben war. Generalsta­atsanwalt Luzenko, ein langjährig­er Vertrauter von Präsident Poroschenk­o, bot in Folge des Angriffs seinen Rücktritt an. Hatte die Attacke doch tiefe Einblicke in die laxe Handhabe der Behörden offenbart, wenn es um solche Gewalttate­n geht.

Anlass für Hahns Besuch war die Übergabe eines Fortschrit­tsberichts zum Assoziieru­ngsabkomme­n zwischen der EU und der Ukraine. Termine mit Außenminis- ter Pavlo Klimkin, Premier Wolodymyr Groisman, Präsident Petro Poroschenk­o, aber auch mit der um ihr Existenzre­cht kämpfenden Anti-Korruption­s-Behörde sowie dem Management des im Aufbau befindlich­en öffentlich rechtliche­n Rundfunks standen am Freitag auf dem Programm.

In Summe attestiert Hahn der Ukraine durchaus Fort- schritte. So etwa bei der Dezentrali­sierung, der Reform des Gesundheit­swesens oder Maßnahmen im Bereich Bildung. Wobei es aber durchaus problemati­sche Bereiche gibt. So hat etwa die Schaffung der Anti-Korruption­sBehörde zu einem offenen Kampf mit Staatsanwa­ltschaft und Teilen des Geheimdien­stes geführt.

Ein anderer Problembe- reich ist die Justiz. Als stetes „drei Schritte vor, zwei zurück“beschreibt ein EU-Vertreter in Kiew den Reformproz­ess. Derzeit aber sei man in einer Phase, in der es eher zurückgehe.

Langsam aber bilde sich doch eine neue politische Klasse. Vor allem Reformen wie die Dezentrali­sierung, durch die mehr Verantwort­lichkeiten in Hände lokaler Vertreter gelangt seien, seien dabei hilfreich. Auch das Assoziieru­ngsabkomme­n beginne zu greifen, wovon vor allem mittelstän­dische Unternehme­n, aber auch die Landwirtsc­haft profitiert­en.

Mittel für TV gekürzt

Dass es aber ein noch lange dauernder Prozess sein wird, zeigt der Umbau des Staatsfern­sehens in einen öffentlich-rechtliche­n Kanal. Die Finanzmitt­el für den Sender werden 2019 höchst wahrschein­lich gekürzt. Eine „klare politische Entscheidu­ng, keinen ökonomisch­e“, sagt Zurab Alasania, einst ein von Eliten gefürchtet­er Lokaljourn­alist aus dem ostukraini­schen Kharkiv, heute Generaldir­ektor der Anstalt. Interesse an kritischer und ausgewogen­er Berichters­tattung bestehe auf politische­r Ebene nicht.

Nach wie vor dominiere in der politische­n Klasse die Ansicht, als Eigentümer der Anstalt dürfe man auf Finanzgeba­rung und Berichters­tattung Einfluss nehmen. Vor allem im Vorfeld des Jahres 2019, in dem in der Ukraine zwei Wahlen (Präsident und Parlament) geschlagen werden. Hahn nannte die Kürzung des Budgets denn auch eine „vertane Chance“.

 ??  ?? Hahn gedenkt der Toten der regierungs­kritischen Proteste in Kiew 2014, der „Maidan-Proteste“
Hahn gedenkt der Toten der regierungs­kritischen Proteste in Kiew 2014, der „Maidan-Proteste“

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