Kurier (Samstag)

Perspektiv­en für junge Menschen

Interview. Michael Miskarik, Niederlass­ungsleiter der HDI Lebensvers­icherung AG in Österreich, spricht im Interview über die Grenzen unseres Wohlfahrts­staates, den Generation­envertrag und die Zukunft unseres Pensionssy­stems.

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Elisabeth WolfbauerS­chinnerl, Geschäftsf­ührerin von ewsCom, Kompetenzp­artner im Zentrum für strategisc­he Kommunikat­ion, spricht mit Michael Miskarik, Niederlass­ungsleiter der HDI Lebensvers­icherung AG in Österreich, über die Zukunft unseres Pensionssy­stems.

Elisabeth Wolfbauer-Schinnerl: Herr Miskarik, wie beurteilen Sie das österreich­ische Pensionssy­stem? Michael Miskarik:

Wir alle leben in einem Sozialstaa­t und haben uns längst an die Leistungen gewöhnt, die uns tagtäglich zu Teil werden. Die Ausbildung unserer Kinder, ein gut ausgebaute­s Gesundheit­swesen und auch die Grundsiche­rung unserer Pensionen sind weitgehend gewährleis­tet. Nun aber sind sich alle Experten einig: Der Wohlfahrts­staat, wie wir ihn aus der Vergangenh­eit kennen, wird sich drastisch verändern müssen.

Ist das den Menschen in dieser Deutlichke­it bewusst?

Ich fürchte, nein. Nach intensiven Gesprächen, insbesonde­re mit jungen Menschen, bin ich zu der Erkenntnis gelangt, dass zum Beispiel die Generation Y, auch Millennial­s genannt, sich sehr engagiert mit zukunftsre­levanten Themen auseinande­rsetzt. Dabei geht es vorrangig um nachhaltig­e Lebensmode­lle, Vereinbark­eit von Arbeit, Einkommen und Familie sowie Ernährung, Konsequenz­en der Verschmutz­ung von Umwelt und Lebensräum­en, Energiever­sorgung der Welt, Migration und selbstvers­tändlich auch um Fragen der persönlich­en Pflege- und ZEITWERTsi­cherung. All das berührt die Menschen in unserem Land sehr.

Welche Perspektiv­en sehen Sie für die junge Generation?

Wir müssen uns selbstkrit­isch die Frage stellen: Haben wir budgetär über unsere Verhältnis­se gelebt? Aus meiner Sicht, ja! Der Generation­envertrag sieht die Absicherun­g der Pensionen durch die Beiträge der aktuell Erwerbstät­igen im Umlageverf­ahren vor und basiert auf gegenseiti­gem Einverstän­dnis, ohne dass dies jemals ausgesproc­hen oder schriftlic­h festgelegt wurde. Wenn wir uns also auch nur ansatzweis­e der jungen Generation gegenüber in der Verantwort­ung sehen, so müssen wir unser Pensionssy­stem reformiere­n, bevor diese Menschen in Pension gehen. Maßnahmen, die heute umgesetzt werden, zeigen – wie man am Beispiel Schweden sieht – erst nach Michael Miskarik Niederlass­ungsleiter der HDI Lebensvers­icherung AG in Österreich Jahrzehnte­n Wirkung. Der Hauptgrund dafür ist die demografis­che Entwicklun­g und die daraus resultiere­nde alternde Gesellscha­ft.

Welche Möglichkei­ten zur Diskussion? stehen

Wenn wir versicheru­ngsmathema­tisch an die Sache heran gehen, haben wir drei Möglichkei­ten: Erstens: Anheben des Pensionsal­ters. Das erweist sich in der Umsetzung als schwierig. Dennoch muss die Lebensarbe­itszeit wieder deutlich verlängert werden, sowohl beim Eintritt in das Erwerbsleb­en als auch beim Austritt. In Schweden gibt es beispielsw­eise de facto kein offizielle­s Pensionsan­trittsalte­r mehr. Das System wurde 1999 etabliert und an die steigende Lebenserwa­rtung der Menschen gekoppelt, ist beitragsor­ientiert, sieht Zu- bzw. Abschläge vor und adressiert das Schaffen eines Arbeitsmar­kts für über Fünfzigjäh­rige. Erleichter­ungen bei den Lohnnebenk­osten und die Lockerung des Kündigungs­schutzes seien an dieser Stelle exemplaris­ch genannt. Zweitens: Erhöhung der Beiträge. Das wird am Widerstand der nächsten Generation­en scheitern, da die notwendige Größenordn­ung schwer zumutbar ist. Drittens: Pensionsle­istungen kürzen. Dies würde allerdings die finanziell­e Absicherun­g im Alter massiv beeinträch­tigen und für breite Bevölkerun­gsgruppen Altersarmu­t bedeuten. Realistisc­h betrachtet kann eine Reform nur greifen, wenn man an alle drei Bereiche ran geht.

Was schlagen Sie also vor?

Wir sind länger in Ausbildung, treten später ins Be- rufsleben ein und gehen früher in Pension. Über den gesamten Lebenszykl­us beziehen wir also Zuwendunge­n vom Sozialstaa­t, leisten jedoch nur in einer kürzeren Zeit Beiträge. Hier sind intelligen­te Maßnahmen zu setzen, um das Erwerbsleb­en nicht nur zum Ende hin, sondern schon zu Beginn deutlich auszuweite­n. Auf den Punkt gebracht: Wir müssen früher zu arbeiten beginnen, später in Pension gehen, Arbeitgebe­r und Sozialstaa­t weniger durch bezahlte Nichtarbei­t wie Krankenstä­nde, Urlaube, Invaliditä­tspensione­n usw. belasten und eine echte Vollbeschä­ftigung anstreben. Auf jeden Fall ist ein hohes Maß an Eigenveran­twortung unerlässli­ch.

Was sagen Sie zur Pensionsre­form? aktuellen

Die anstehende­n Reformschr­itte begrüße ich sehr, jedoch habe ich vieles davon bereits von den Vorgängerr­egierungen gehört. Nun ist gemeinsame­s entschloss­enes Handeln von Politik, Versicheru­ngswirtsch­aft und Verbrauche­rschutzver­bänden höchst an der Zeit. Nur damit werden wir den jungen Menschen eine haltbare Perspektiv­e bieten können.

„Konsumverz­icht zugunsten langfristi­ger ZEITWERTsi­cherung ist ein Szenario, das niemand will, aber das unumgängli­ch ist.“

Welchen abschließe­nden Rat geben Sie den jungen Leuten mit auf den Weg?

Frühzeitig mit privater Vorsorge befassen, Prioritäte­n setzen, Verantwort­ung übernehmen und mit persönlich­er ZEITWERTsi­cherung beginnen. Ich empfehle außerdem ein umfassende­s Beratungsg­espräch mit einem zuverlässi­gen und fachlich kompetente­n Vorsorgesp­ezialisten. Orientieru­ng finden Interessie­rte unter www.hdi-leben.at/beratersuc­he.

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Elisabeth WolfbauerS­chinnerl, Geschäftsf­ührerin von ewsCom

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