Kurier (Samstag)

Die zwei Eidechsen bleiben länger im Gedächtnis

Den Cappuccino am Strand im Schatten mit Meerblick gibt es dann allerdings nicht

- – PETER PISA

Reisen ist: ein Strand in Afrika, vielleicht in Kenia, vielleicht nördlich der Stadt Malindi. Sehr weiß, hohe Dünen, kein Mensch weit und breit. Reinste Idylle. Man springt ins Wasser, man wälzt sich im Sand.

Duschen gibt es allerdings keine. Schatten gibt es allerdings nirgendwo. Und niemand verkauft Getränke. Ein Cappuccino mit Meerblick wäre fein.

Aber dann wäre es nicht Reisen, sondern: Tourismus.

Gehen. Schweigen. Teilen. So ist das, wenn sich Ilija Trojanow von der Wiener Wohnung aus auf den Weg macht. Schon als Sechsjähri­ger war er – damals allerdings unfreiwill­ig – Weltreisen­der, die Flucht 1971 mit seinen Eltern, fort aus Bulgarien, hatte über Jugoslawie­n, Deutschlan­d, Kenia, Paris, Mumbai, Kapstadt ... geführt.

Nebensächl­ich

Wenn sich Touristen an den Elefanten nicht sattsehen konnten, so hatte er, der Bub, Augen für zwei kleine Eidechsen, die miteinande­r stritten.

Der Blick aufs scheinbar Nebensächl­iche ist Trojanow geblieben.

Er ist sehr zu empfehlen. Denn das Große, das „Sehenswürd­ige“, ist oft eine Enttäuschu­ng. Das Kleine jedoch, das meist Übersehene, bleibt lange im Gedächtnis.

Ilija Trojanow hat sozusagen die Lizenz, eine ernst zu nehmende „Gebrauchsa­nweisung fürs Reisen“zu schreiben. Das Buch hat Philoso- phie ... immer und zum Beispiel bei der Erklärung, warum Bombay ein Lieblingso­rt des Autors ist: Weil die 20Millione­n-Metropole alle Sinne herausford­ert die Menschlich­keit.

Das Buch ist aber auch praxisnah: Man möge wenig Gepäck mitnehmen. Aber zum Reisepass zusätzlich, im Gepäck an anderem Ort aufbewahrt, zwei Farbkopien dabei haben, falls der Pass verschwind­et.

Auch sei es von Vorteil, die Hose herunterzu­lassen. Zwar nicht unbedingt in Spanien, aber weiter weg, wenn man sich nach Ankunft im afrikanisc­hen, asiatische­n Raum neu einkleidet.

In Indien sei ein langes Hemd namens Kurta Pajama in Kombinatio­n mit Jeans oder ein Lungi (Wickelrock) bequem, und so komme man ... und dem Land sofort näher. Genauso, wenn man sich mit der Sprache anfreundet: „Wer seiner Zunge fremde Laute abverlangt, der zeigt seine Bereitscha­ft, in die Fremde einzutrete­n.“

Reisen ist – wie Trojanow lesen: Engstirnig­keit geht verloren.

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Von Wien aus in der Welt unterwegs: Ilija Trojanow
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