Kurier (Samstag)

Robert Dornhelm, Regisseur

Robert Dornhelm. Der Regisseur über seine Filmreihe rund um die Wiener Jahrhunder­twende

- VON GABRIELE FLOSSMANN

„Ich bin froh, dass Freud nur eine Nebenrolle spielt“. Der österreich­ische Regisseur im Interview über seinen neuen Film „Vienna Blood“.

„Vienna Blood“lautet der Arbeitstit­el eines Films, den Robert Dornhelm gerade in Wien dreht. Statt Walzertakt wird handfeste Spannung geboten. Es geht um Mord, Dekadenz und Geisterbes­chwörung im Wien der Jahrhunder­twende. Der Tod von Charlotte Löwenstein, eines jungen, schönen Mediums, gibt Rätsel auf. Schon bald häufen sich die Indizien, dass hinter den Mysterien ein Serienmörd­er steht.

Das Drehbuch basiert auf einer Krimireihe des Londoner Psychiater­s Frank Tallis, der sich bei seinen Recherchen nicht von Wien-Klischees betören ließ, sondern von Schilderun­gen der Donaumetro­pole, wie man sie bei Doderer, Schnitzler und Altenberg nachlesen kann. Gezeigt wird die Kehrseite der Mehlspeise­n- und Walzer-Seligkeit, die geprägt ist von den neuen Erkenntnis­sen der Psychoanal­yse.

Ermittlerp­aar

Im Mittelpunk­t steht ein höchst originelle­s Ermittlerp­aar: Der Polizist Oskar Rheinhardt, gespielt von Juergen Maurer, und der junge Arzt Max Liebermann, ein Student von Sigmund Freud, der sich bei seinen Ermittlung­en der noch jungen Psychoanal­yse bedient. Er wird vom jungen, britischen Schauspiel­er Matthew Beard verkörpert. Da der Film in englischer Sprache gedreht wird und das Jahrhunder­twende-Wien samt Klimt, Schiele und Sigmund Freud gerade „in“ist, eignet sich der Stoff gut, um den internatio­nal zunehmende­n Serienboom zu bedienen. Geplant sind vorerst einmal drei Teile der Liebermann-Reihe, die als Koprodukti­on von ORF, ZDF und der BBC entsteht.

KURIER: Gibt da vonseiten der Produzente­n Begehrlich­keiten, dass Sie mit Ihrem Film auf ein internatio­nales Publikum zielen, damit die Krimi-Reihe weltweit verkauft und nach Möglich-

keit auch noch mehrere Fortsetzun­gen bekommen kann? Robert Dornhelm: Nein, das würde mich eher erschrecke­n. Mit gefräßigen Produzente­n und Verleihern arbeite ich ungern zusammen, weil sie zu Begehrlich­keiten neigen, die einer kreativen Arbeit eher abträglich sind. Die wollen meist „more of the same“, dass man stilis- tisch Wege geht, die bereits bewährt und entspreche­nd abgetreten sind. Ich würde es auch für eine Zumutung halten, wenn man von Regisseure­n, die nach mir an einer Serie weiterdreh­en, verlangt, dass sie kopieren sollen, was ich vorgegeben habe. Es wird in Wien bald noch eine weitere, internatio­nale Serie gedreht, in der Freud als Ermittler vorkommt. Regie wird dabei Marvin Kren führen. Bei Ihnen ist Freud nur eine Nebenfigur. Hätten Sie gern mehr von dem berühmten Psychiater in Ihrem Film gehabt?

Ich bin froh, dass Freud bei mir nur eine Nebenrolle ist. Denn es gibt für mich ein paar Figuren in der Geschich- te – wie Churchill, Stalin, Hitler, Einstein und eben auch Sigmund Freud –, die schon zu ihren Lebzeiten das waren, was man „larger than life“nennt. Von denen halte ich als Regisseur lieber Abstand. Das klingt vielleicht komisch, weil ich ja schon viele historisch­e Stoffe umgesetzt habe – wie zuletzt „Maria Theresia“. Aber bei den genannten Figuren hat das Publikum schon vorgeferti­gte Bilder im Kopf. Charlie Chaplin gehört übrigens auch zu diesen „übergroßen“Figuren, aber für ihn wüsste ich einen geeigneten Darsteller: Juergen Maurer. Er hält uns in den Drehpausen mit seinen großartige­n, chaplinesk­en SlapstickE­inlagen bei Laune.

Es vermittelt sich das Gefühl, dass Sie den Stoff aus einer sehr zeitgenöss­ischen Perspektiv­e sehen.

Es ist für mich auch ein beklemmend­er Déjà-vu-Effekt, wenn ich im heutigen Wien Szenen drehe, in denen der politische Opportunis­mus, der skrupellos­e Populismus und die antisemiti­schen Ressentime­nts der damaligen Zeit spürbar werden. Es ist bedrückend, dass sich gewisse Teile der Geschichte doch wiederhole­n können. Womit ich aber nicht – oder nicht nur – Österreich kritisiere­n will, weil man diese rechten Tendenzen ja in der ganzen Welt beobachten kann. Von Donald Trumpwill ich da erst gar nicht reden.

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 ??  ?? Auftakt zu einer Filmserie basierend auf den Krimis von Frank Tallis: Juergen Maurer mit Josef Ellers in einer Szene von „Vienna Blood“
Auftakt zu einer Filmserie basierend auf den Krimis von Frank Tallis: Juergen Maurer mit Josef Ellers in einer Szene von „Vienna Blood“
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Robert Dornhelm: „Von Trump will ich erst gar nicht reden“

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