3,5 Jahre Haft für Sittenwächter
Der 24-Jährige verherrlichte den „Islamischen Staat“.
Der Kinnbart ist weg: Mit Anzug und weißem Hemd sitzt der 24-jährige Shamil I., bekannt geworden als „Sittenwächter vom Badeteich Kaltenleutgeben“vor dem Richter im Landesgericht für Strafsachen in Wien. Diesmal allerdings nicht, weil er einer Frau mit Vergewaltigung drohte, sollte sie nicht ihre nackte Brust bedecken (deswegen wurde er bereits zu fünf Monaten Haft verurteilt). Es geht um seine Nähe zum IS. Die selbst gemalte IS-Fahne in seiner Wohnung. Und die Videos, in denen er Kampflieder singt und den „Ungläubigen“mit dem Abschlachten droht.
Große Klappe
„Seit dem Sittenwächter-Prozess wissen wir ja, dass er eine große Klappe hat und bei jedem Blödsinn dabei ist“, versucht sein Rechtsanwalt Wolfgang Blaschitz zu relativieren. Und er gesteht auch zu, dass sein Mandant Naschids, also Kampflieder, gesungen und verschickt hat. „Dabei hat er gegluckst und gelacht.“Aber radikal – das sei Shamil I. nicht.
Die Staatsanwältin nimmt das nicht auf die leichte Schulter. „Wer meint, das Verschicken von Propagandamaterial ist harmlos, dem sei gesagt: Auch der Nationalsozialismus hat so begonnen.“
Was gar kein gutes Licht auf den Angeklagten wirft, ist sein Bekanntenkreis. Zu dem zählte auch Anis Amri, jener Mann, der im Dezember 2016 mit einem Lkw in einen Berliner Weihnachtsmarkt fuhr und zwölf Menschen tötete. Es gibt gemeinsame Fotos. Die Männer beteten in derselben (radikalen) Moschee.
„Sind Sie streng gläubig?“, fragt der Richter. Shamil I. windet sich. „Nicht unbedingt. Ich habe Cannabis geraucht.“Und seine Meinung zum IS? „Der ist überhaupt nicht gut.“Warum er einem Kämpfer in Syrien Mut zusprach und vermummtvoreinerIS-Fahne mit erhobenem Finger posiert hat, kann er selbst nicht so recht erklären.
Shamil I. stammt aus Dagestan. Mit seiner Mutter kam er als 15-Jähriger im Jahr 2009 nach Deutschland. Als der Asylantrag in Deutschland abgelehnt wurde, versuchte er sein Glück in Österreich. Auch hier sah man keinen Grund, ihm Asyl zu gewähren. Shamil I., mittlerweile mit einer Österreicherin verheiratet – gemeinsam hat das Paar eine eineinhalb Jahre alte Tochter – gibt zu, kein politisch Verfolgter zu sein. Er reiste sogar einige Monate in seine Heimat zurück, umDokumente für die Heirat zu besorgen. Das wundert den Richter: „Offensichtlich haben Sie dort keine Probleme.“
Urteil: 3,5 Jahre Haft wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung, rechtskräftig.