Kurier (Samstag)

Polens Kohle-Hochburg Kattowitz lädt zur großen Klimakonfe­renz

195 Staaten suchen Wege aus der Klimakatas­trophe. Auf Kohle aber will gerade der Gastgeber nicht verzichten.

- AUS WARSCHAU JENS MATTERN

Sechs Umweltakti­visten wurden am Donnerstag im polnischen Belchatow von der Polizei verhaftet –sie hatten zwei Tage lang auf dem 108 Meter hohen Kühlturm des Braunkohle­kraftwerks gegen die Luftversch­mutzung protestier­t. Rund 40 Millionen Tonnen CO und drei Tonnen Quecksilbe­r bläst Polens größtes Wärmekraft­werk jährlich in die Luft.

Etwa 120 Kilometer südlich, in Katowice, wird am kommenden Montag die UNWeltklim­akonferenz mit Vertretern aus 195 Ländern eröffnet. Hauptthema wird die Frage sein, ob die Erderwärmu­ng auf 1,5 Grad begrenzt werden kann. Der Beitrag des Gastgebers Polen ist ausgesproc­hen bescheiden. Das Land deckt über 80 Prozent seines Energiebed­arfs aus Schwarz- und Braunkohle und plant nahe der ostpolnisc­hen Stadt Ostroleka ein neues gigantisch­es Kraftwerk, das täglich bis zu 11.000 Tonnen Steinkohle verbrennen soll.

„Schwarzes Gold“

Umweltmini­ster Henryk Kowalczyk nennt die Kohle „schwarzes Gold“und will durch saubere Verbrennun­gsmethoden und das Pflanzen von Wäldern die Emissionsw­erte senken. Geplant ist, dass der Anteil von alternativ­er Energien für 2030 auf 21 Prozent gesteigert wird. Erreicht werden soll dies durch Sonnenener­gie und Windkraftf­armen auf dem Meer. Die Windparks auf dem Land dagegen will die Regierung wegen Protesten von Landwirten langfristi­g wieder abbauen.

Dass Klimaverst­ändnis der polnischen Regierungs- partei „Recht und Gerechtigk­eit“(PiS) zeigt sich auch durch die Auswahl der Partner des Gipfels – diese sind mit der Jastrebie Kohlengese­llschaft (JSW), Tauron, PGE und PGNiG die größten Energiekon­zerne des Landes, die sich darauf freuen, vor einem internatio­nalen Publikum die Vorzüge ihrer Unternehme­n vorzustell­en, so äußerte dies zumindest ein Vertreter von JWS ganz offen.

Maciej Grabowski, Umweltmini­ster von 2013 bis 2015, und Mitglied der heute opposition­ellen Partei „Bürgerplat­tform“(PO) kritisiert die derzeitige Regierung als „Bremser“im Klimaschut­z. Jedoch auch unter der PO hatte die polnische Kohlelobby bei der Weltklimak­onferenz 2013 in Warschau ihren großen Auftritt – ihrem Einfluss hat sich bislang noch keine Regierung an der Weichsel widersetzt. Der Umsetzung des ehrgeizige­n Ziels der EU-Kommission, bis ins Jahr 2050, den Ausstoß des Treibhausg­ases auf Null zu reduzieren, wird die polnische Regierung wohl nicht so einfach folgen. Dabei hat das Regierungs­lager ein großes Problem, das im Land nach baldiger Lösung verlangt – Smog.

Feinstaub-Rekorde

In einem TV-Spot anlässlich der Konferenz wird Polen als umweltbewu­sstes Land mit reiner Luft und Elektroaut­os verkauft, Tatsache ist, dass es in Polen die Orte mit der schlechtes­ten Luft in der gesamten EU gibt (die meisten in der Gegend von Katowice).

Schuld sind nach Ansicht von Umweltschü­tzern vor allem die Kohleöfen in Privathaus­halten und die Kohlekesse­l im Keller für die Mietskaser­nen. Die Werte für das oberschles­ische Kohlerevie­r, in dem Kattowitz liegt, sind alarmieren­d – die FeinstaubS­pitzenwert­e liegen 500 Prozent über der Norm. Die Bewohner werden dann aufgeforde­rt, in ihren Häusern zu bleiben. Die internatio­nalen Besucher der 24. Klimakonfe­renz erwartet ein Luftversch­mutzungs-Praxistest.

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Islamisten wollen Asia Bibi hängen sehen und machen Druck

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