Gericht untersagt Liftschaukel
Tirol. Richterin bewertet Eingriffe in die Natur durch Verbindung Kappl/St. Anton als zu gravierend
Die Entscheidung wurde mit Spannung erwartet. Dass die Richterin am Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in Wien diese am Freitag nach vier Verhandlungstagen direkt mündlich verkündete, überraschte alle Beteiligten.
Die Richterin kippte die von Tiroler Behörden nach einem UVP-Verfahren bereits Ende 2015 erteilte Genehmigung einer Liftverbindung zwischen dem Pistenriesen St. Anton am Arlberg und der kleinen Gemeinde Kappl im Paznauntal.
„Die Richterin hat ihre Entscheidung mit den zu erwartenden Naturschutzauswirkungen auf Lebensraum, Landschaft und Arten begründet“, sagte Tirols Landesumweltanwalt Johannes Kostenzer direkt nach der Verhandlung.
Die Landesumweltanwaltschaft und der Alpenverein hatten Beschwerde gegen die Liftpläne eingelegt. „Das öffentliche Interesse am Erhalt von unerschlossenen Räumen wurde als so groß bewertet, dass die Interessen einer Erschließung nicht überwiegen“, sagt Kostenzer. Für den Skigebietszusammenschluss hätte das bislang unberührte Malfontal erschlossen werden sollen. Die Richterin hatte sich bei zwei Lokalaugenscheinen selbst ein Bild gemacht.
Kritik von Seilbahnern
Sie hat in demVerfahren auch eine Reihe von Gutachten eingeholt. An eben diesen übte Franz Hörl, Tirols VP-Wirtschaftsbundobmann und Sprecher der österreichischen Seilbahnwirtschaft, am Freitag massive Kritik. „Realitätsferne und ideologisch geleitete Gutachter“, hätten eine Seilbahnverbindung „umgebracht“.
Die Entscheidung sei zur Kenntnis zu nehmen. Dennoch wurde Hörl gegenüber einer Sachverständigen persönlich angriffig. „Hier wurde die Zukunft vieler tausend Menschen im vorderen Paznauntal über die Klippe geworfen, weil eine Landschaftsgärtnerin sich angemaßt hat über touristische Perspektiven ein Urteil abzugeben“, wetterte er.
Besagte Gutachterin war, wie vom KURIER 2017 berichtet, zum Schluss gekommen, dass insbesondere in Hinblick auf Kappl die Erwartungshaltungen in mögliche Nächtigungssteigerungen weit überzogen sind und die Gemeinde sogar Nachteile erfahren könnte. Besonders kritisch wurden die Auswirkungen der Einschnitte in bis dato völlig unerschlossene Naturräume gesehen. Das Potenzial für neue Produkte im Sommer werde „dauerhaft und unwiederbringlich zerstört“.
Für Umweltanwalt Kostenzer ist die Entscheidung „ein klares Signal, dass solche unversehrten Naturräume für künftige Generationen zur Verfügung stehen sollen. Das ist ein Sieg für alle Tiroler.“Die lange Verfahrensdauer bei diesem Projekt betrachtet der Landesumweltanwalt hingegen als „Wermutstropfen“.
Langes Verfahren
Die Arlberger Bergbahnen hatten ihre Pläne 2010 eingereicht. Zwei Millionen Euro sind bereits in die Planung geflossen. Die Skischaukel mit mehreren Liften, Pisten und Skiwegen hätte 45 Millionen Euro kosten sollen. Die Arlberger Bergbahnen AG bedauerten die nun gefallene Entscheidung. „Wir sind nach wie vor davon überzeugt, ein verträgliches und nachhaltig das sinnvollste Projekt eingereicht zuhaben“, betonten die Vorstände Mario Stedile-Foradori und Walther Thöny.
Eine reine Überspannung des Malfontals, wie sie Kostenzer als Lösung vorgeschlagen hatte, lehnten die Bergbahnen bislang ab. Dass die Richterin in ihrer Entscheidung auch explizit auf den Erholungswert des Malfontals verwies, sieht Liliana Dagostin vom Alpenverein als richtungsweisend. „Das zeigt, dass Landschaft einen großen Wert hat, auch wenn sie nicht von Massen an Menschen überlaufen wird.“