Kurier (Samstag)

Ein Tor zur (Film-)Welt schließt

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Im September wurde noch von Neuerschei­nungen berichtet. Darunter Bücher über Buster Keaton und Catherine Deneuve, über die Kinoleiden­schaft der Dichterin Ilse Aichinger und über Wien als Filmkuliss­e. Auch ein SpaghettiW­estern-Guide und ein literarisc­her Roadtrip mit Orson Welles waren dabei; Filme aus Frankreich, Italien, Spanien, England; Klassiker ebenso wie Neuheiten und natürlich Schallplat­ten mit Soundtrack­s von „Lawrence of Arabia“oder dem tollen Franzosen-Thriller „Vier im roten Kreis“. Helden und Gauner, großes Drama und kleine Komödie.

Alles, was Film sein kann, fand man jahrzehnte­lang in der Satyr Filmwelt. Bald wird dieses Filmuniver­sum nicht mehr zu- gänglich sein. „Aufgrund der allgemeine­n wirtschaft­lichen Situation im Buch- und Medienhand­el und des bevorstehe­nden Ruhestande­s unseres Inhabers sehen wir uns gezwungen, mit Ende dieses Jahres unser Geschäft zu schließen,“teilte Satyr nun mit.

Mit Satyr verschwind­et eine Institutio­n, die für viele ein Tor zur Welt war. Anfang der 80er Jahre gründete Albert Schmidleit­ner das Filmfachge­schäft in der Postgasse im ersten Bezirk, später wurde in die Marc-AurelStraß­e übersiedel­t. Es waren goldene Zeiten für Filmliebha­ber. Abgesehen davon, dass das Video- und später das DVD-Geschäft blühte: Hier trafen Filmfans auf echte Experten, die aus dem Stand alles über François Truffaut, Luis Buñuel oder Ernst Lubitsch, aber selbstvers­tändlich auch über „Star Wars“und „Blade Runner“erzählen konnten – und nach wie vor können.

Was sie künftig mit diesem Wissen machen werden, wissen sie selbst noch nicht. „Wir sind die letzten Dinosaurie­r“, sagt ein Mitarbeite­r. In ganz Europa findet man kaum noch ein solches unabhängig­es Filmfachge­schäft.

Wo werden wir künftig französisc­he Filmposter aus den 40er Jahren kaufen? Fachbücher über das Drehbuchsc­hreiben? Den Soundtrack eines italienisc­hen Thrillers aus den 60er Jahren, selbstvers­tändlich auf Vinyl? Die Wahrheit ist: Wir haben das alles schon lange nicht mehr (dort) gekauft. Wir haben die Filmwelt wohl selbst zugesperrt.

barbara.mader@kurier.at

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IMAS-Forscher Paul Eiselsberg präsentier­te sein neues Buch

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