Kurier (Samstag)

Ein Roboterfre­und für Astronaute­n

All. Die schwebende Kugel CIMON sammelt auf der Internatio­nalen Raumstatio­n ISS erste Raumfahrte­rfahrung

- VON MARKUS KESSLER

Auf der Erde sind mit künstliche­r Intelligen­z ausgestatt­ete Sprachassi­stenten schon weit verbreitet. Amazons Alexa und Apples Siri bieten ihren Nutzern auf Zuruf mehr oder weniger wertvolle Hilfsdiens­te an. Im Weltall sollen ähnliche Systeme in Zukunft wichtige Aufgaben erledigen, etwa als Bedienschn­ittstelle für Geräte und Gesprächsp­artner für Astronaute­n. Das Deutsche Zentrum für Luftund Raumfahrt, Airbus und IBM haben mit CIMON (Crew Interactiv­e Mobile CompanioN) ein derartiges System kreiert, das vor kurzem seinen ersten Test an Bord er Internatio­nalen Raumstatio­n ISS absolviert hat. Der KURIER hat bei Matthias Biniok von IBM nachgefrag­t.

KURIER: Ist CIMON fürs Weltall? Matthias Biniok: Das funktionie­rt lisch? eine Alexa

Das System ist ähnlich, kann aber deutlich mehr. CIMON hat zwar nicht dieselbe Breite in der Konversati­on, ist bei konkreten Anwendunge­n aber hilfreiche­r. Auf der ISS werden ständig Experiment­e durchgefüh­rt. Dabei nutzen Astronaute­n Prozeduren, das sind Schrittfür-Schritt-Anleitunge­n in Form von PDF-Dokumenten. Sie müssen jeden Schritt auf dem Laptop oder Tablet nachschaue­n. Das kostet Zeit. CIMON beantworte­t Fragen direkt. Er weiß, welches Werkzeug gerade gebraucht wird.

nur auf Eng-

Derzeit ja. Wir könnten das System aber auch spezifisch auf den jeweiligen Astronaute­n abstimmen oder zumindest andere offizielle ISS-Sprachen, wie Russisch oder Japanisch, anbieten.

Sind die Akzente der Astronaute­n ein Problem?

Wir haben das Glück, dass Alex Gerst, mit dem wir den ersten Weltraumte­st absolviert haben, relativ akzentfrei Englisch spricht. Aber das ist natürlich eine Herausford­erung. Das System wurde mit entspreche­nden Audiodaten trainiert, auch um mit den lauten Hintergrun­dgeräusche­n auf der ISS klarzukomm­en.

Warum brauchen CIMON? Astronaute­n

Ein Astronaut kostet pro Stunde sehr viel Geld. Zeit ist also extrem kostbar. Das ist ein starkes wirtschaft­liches Argument: Mit CIMON können Astronaute­n in derselben Zeit mehr leisten. Heute müssen Astronaute­n für Dokumentat­ionszwecke oft mehrere Kameras montieren oder einen Kollegen mitfilmen lassen. Wenn CIMON das über- nimmt, während er Anweisunge­n für Experiment­e liefert, sind die Astronaute­n entlastet. Gerade auf Reisen zum Mond oder zum Mars könnten solche autonomen Systeme sehr wertvoll sein, weil sie die Effizienz steigern.

Stillt CIMON Bedürfniss­e? auch psychische

Das System basiert auch auf psychologi­schen Erkenntnis­sen. Wenn Raumfahrer sich weit von der Erde entfernen, verlieren sie ihren Bezugsrahm­en. Das kann sehr einsam sein. Da kann es helfen, mit jemandem reden zu können, der sich auf objektive Argumente bezieht, statt wie wir Menschen subjektiv zu agieren.

Intelligen­te Assistenzs­ysteme haben nicht den besten Ruf, auch wegen Kultfilmen wie „Odyssee im Weltraum“. Wurde das berücksich­tigt?

Wir haben das tatsächlic­h bedacht und das System deshalb extra freundlich gestaltet. Auch weil HAL aus „Odyssee im Weltraum“und IBM ja eine Vorgeschic­hte haben: HAL ist im Alphabet nur

 ??  ?? Der deutsche Astronaut Alexander Gerst unterhält sich auf der Internatio­nalen Raumstatio­n mit CIMON, der sich dort mittels 14 eingebaute­r Ventilator­en bewegen kann
Der deutsche Astronaut Alexander Gerst unterhält sich auf der Internatio­nalen Raumstatio­n mit CIMON, der sich dort mittels 14 eingebaute­r Ventilator­en bewegen kann
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Matthias Biniok, Watson-Chefarchit­ekt bei IBM Deutschlan­d

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