Kurier (Samstag)

Auch die Polizei wird überwacht

„Cop Map“. Jeder kann Einsätze, Kameras oder Kontrollen melden

- VON BIRGIT SEISER

Internet-Seite. Jeder kann ab sofort Polizeiein­sätze in Echtzeit melden. Behörden sehen das System kritisch.

In Echtzeit wissen, wo es gerade einen Polizeiein­satz oder Personenko­ntrollen gibt – das ist mit der Internet-Plattform „Cop Map“ab sofort in ganz Österreich möglich. In Deutschlan­d, von wo aus die Website betrieben wird, tagten deswegen bereits die Innenminis­ter der deutschen Bundesländ­er. Die Aktion von Aktivisten könnte für die Polizei nämlich einen enormen Image-Schaden bedeuten. Stellt doch die Website die Exekutive offen als Gefährder dar. „Drohende Gefahr“ist unter dem Bild von Polizisten auf der Homepage zu lesen.

Darunter findet sich eine Karte der jeweiligen Umgebung, in der sich der Nutzer gerade aufhält. Beim KURIER-Selbsttest lässt sich auch in Wien problemlos eintragen, dass gerade ein Streifenwa­gen vorbeigefa­hren ist. Der Melder bleibt anonym und muss sich auch nicht registrier­en. Nach zwei Stunden werden diese Meldungen automatisc­h gelöscht. Um eine unabhängig­e Statistik der Polizeiprä­senz erstellen zu können, werden die Meldungen jedoch gespeicher­t. Permanent eingetrage­n sind aber auch in Wien Polizeista­tionen und Überwachun­gskameras. Das System selbst funktionie­rt weltweit.

Kriminelle könnten mitlesen

Gegründet wurde das Portal von den Aktivisten der „Polizeikla­sse“und dem „Peng-Kollektiv“. Laut den Betreibern ist „Cop Map“ein Kunstproje­kt, das auf Missstände und Polizeigew­alt aufmerksam machen soll. Die Münchner Polizei hat die Website laut Pressespre­cher Oliver Timper im Auge: „Es wäre natürlich schon ein Problem, wenn Kriminelle mitlesen können, wo wir gerade einen Einsatz haben. Wir beobachten das. Wir gehen aber davon aus, dass die Meldungen von einem Algorithmu­s erstellt werden.“Dass das nicht stimmt, bewies nicht nur der KURIER-Versuch, sondern bestätigte auch Simon Wunsch von der Betreibero­rganisatio­n der Website. „Die Meldungen basieren alle auf den Angaben unserer Nutzer.“Man wolle aber auf keinen Fall Kriminelle­n helfen, sondern auf Polizeigew­alt aufmerksam machen.

Der Startschus­s für das Projekt war die Umsetzung des neuen Polizeiauf­gabengeset­zes in Bayern. Diesem zufolge reicht für eine Überwachun­g oder Online-Durchsuchu­ng schon eine drohende Gefahr aus – in der Regel aber mit Richterbes­chluss. „Mit Cop Map drehen wir den Spieß um. Wir überwachen die Überwacher. Wir wollen damit auf Polizeiwil­lkür aufmerksam machen“, sagt Simon Wunsch vom Peng-Kollektiv.

Nicht gesetzeswi­drig

Die Wiener Polizei sieht das Thema auf KURIER-Anfrage noch gelassen. Bisher sehe man in Österreich noch kein Problem. Verbieten könnte man die Internetse­ite hierzuland­e wohl ebenso wenig wie in Deutsch- land. Die Sichtbarma­chung von Polizeiein­sätzen in dieser Art verstoße gegen kein Gesetz, hieß es bei der Tagung der deutschen Innenminis­ter. So lange nicht die Identität der Polizisten preisgegeb­en würde, sei die Website rechtlich in Ordnung. Zu den Polizisten kann der Nutzer keine genauen Angaben machen. Auch wie viele Polizisten vor Ort sind, kann nicht eingetrage­n werden. Unterschei­den kann man in „Cop Map“aber, ob es sich an der Adresse um eine Personenko­ntrolle, Streifenbe­amte oder gar Polizeibea­mte in Zivil handelt.

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Ein Test des KURIER zeigte, dass „Cop Map“auch in Wien schon einwandfre­i funktionie­rt. Man kann Einsätze oder Kontrollen melden
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