Von einem zähen Reh und Suzie Quatros Lackstiefeln
Weihnachten ist auch: Erinnerung!
erwähnte Lamettaisierung eben das beste Rezept gegen die Wucht des Vergangenen.
Plateau-Sohlen-Wunder
Dazu eine Geschichte: Ich war 15, als mein Vater mit 49 Jahren starb, und ich weiß noch, wie ich mich vor dem ersten Weihnachtsfest ohne Papa fürchtete. Viel Geld war nicht da, Mama bereitete mich darauf vor, dass dieses Fest bescheiden ausfallen würde. Schwierig für eine Pubertierende, die wie die Popsängerin Suzie Quatro aussehen wollte. Die Frisur war schon da, fehlten nur noch Plateaustiefeln. An genau solchen Stiefeln stiefelte ich im Dezember 1976 täglich vorbei – auf dem Weg zur Schule und wieder heim.
Jeden Tag starrte ich auf das Knautschlack & Plateausohlen-Wunder. Jeden Tag erzählte ich meiner Mutter davon. Jeden Tag sagte sie: Hör auf, zu träumen. Die kann ich mir nicht leisten. Eines Tages waren die Stiefel weg und in der Auslage standen stattdessen Patschen aus kariertem Filz. Traurig stellte ich mir vor, wie sich ein anderes Mädchen in Suzie Quatro verwandeln würde. Das Wünschen und Träumen war vorbei.
Dann kam der Heilige Abend. Es lagen nur wenige Geschenke unter dem Baum, vor allem Kleinigkeiten. Ich freute mich über alles. Doch plötzlich sagte meine Mutter: Schau, da hinter dem Baum – du hast was übersehen. Da – ein Packerl, in verknittertes Engerl-Papier aus dem Vorjahr gewickelt. Mein Herz klopfte, ich wickelte das Ding aus. Drin war – ein Schuhkarton. Oh Gott – mit meinen Traum-Knautschlackstiefeln Modell „Suzie Quatro“!
Seitdem weiß ich: Weihnachten ist am schönsten, wenn man nicht damit rechnet. Und noch heute sag’ ich es gerne mit Suzie und einer Zeile aus ihren Songs: Oohooh la-la-la ooh-ooh la-la-la Oooooooooaaaaaah. Es bedeutet: Das Leben ist gut zu mir.
gabriele.kuhn@kurier.at