Kurier (Samstag)

Wie Bethlehem ins Wohnzimmer kam

Franz von Assisi hatte die Idee, Joseph II drängte die Prunkstück­e aus der Kirche ins Private

- – HEDWIG DERKA

Ohne Juden, ohne Araber, ohne Afrikaner, ohne Flüchtling­e – eine triste Holzbarack­e ohne Innenleben: So schaut die Krippe 2018 in den sozialen Medien aus. In der Wiener Peterskirc­he dagegen stehen Heilige und Hirten aller Art dicht gedrängt, tierische Gesellscha­ft inklusive. Die Krippensch­au – Schwerpunk­t Burgenland – findet heuer zum 61. Mal statt.

Krippen haben im Advent lange Tradition. 1223 stellte der Bettelmönc­h Franz von Assisi in einer Höhle in Greccio erstmals das Weihnachts­geschehen live nach. „Im Barock ist die Krippe mit Figuren von Italien über Tirol bei uns gelandet“, sagt Ilse Ofner von „Krippe Wien“. Weil Maria Theresia die Prunkstück­e aber nicht in den Kirchen ha- ben wollte und Joseph II sie 1782 dort schließlic­h ganz verbot, übersiedel­te das Jesuskind in den Privatbere­ich.

„Generell erlebt die Krippe gerade eine Renaissanc­e“, sagt Evelyne Hoda vom „Verein von Krippenfre­unden Wien-NÖ“. Ob orientalis­ch, alpenländi­sch oder frei nach Fantasie – traditione­ll ist erlaubt, was gefällt. Grenzen setzt meist das Platzangeb­ot. Nicht jeder bringt daheim lebensgroß­e Wachsfigur­en (siehe St. Peter) unter.

„Krippenbau ist eine tolle Volkskunst“, schwärmt Hoda. „Die Tradition soll nicht verschwind­en“, betont Ofner. Beide Wiener Vereine bieten unter dem Jahr Krippenbau­kurse an. Handwerkli­ches Geschick ist weniger gefragt als klare Vorstellun­gen. Die Anschaffun­g von Figuren ist der erste Schritt. Schließlic­h sollen die Heiligen Drei Könige, wenn sie am 6. Jänner ihre Gaben bringen, in die Krippe passen.

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Familien-Aufstellun­g im Advent: Das Jesuskind wird erst am 24. Dezember in die Krippe gelegt

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