Wie in der Not
In den 1930er-Jahren wagte ein Tiroler ein Experiment, das weltweit für Aufsehen sorgte.
Eine enorme Spekulationsblase platzt, Banken brechen zusammen, Firmen gehen reihenweise pleite, die Arbeitslosigkeit schnellt hoch. Die Krise der Jahre 2008/’09 und jene der 1930er-Jahre folgten ähnlichen Schreckensmustern. Der gravierende Unterschied: Jetzt hielten die Sozialsysteme. Damals war die Unterstützung für Arbeitslose befristet, danach gab es gar nichts mehr. Die Fürsorge der Wohngemeinde konnte kaum einspringen, weil die Kassen leer waren – viele Firmen blieben Abgaben schuldig. Es war immer weniger Geld im Umlauf.
Ein Teufelskreis, der nicht zu durchbrechen ist? Im kleinen Tiroler Marktflecken Wörgl, etwa 55 Kilometer westlich von Innsbruck, gelang dieses „Wunder“(siehe Beitrag zum aktuellen Film ganz rechts). Bürgermeister Michael Unterguggenberger belebte eine Idee eines deutschen Kaufmanns und brachte so dem Geld wieder das Laufen bei. Das Experiment fand weltweit Beachtung.
Schwundgeld
Die Eckpunkte: Der Wohlfahrtsausschuss der Gemeinde gab Arbeitsbestätigungen im Wert von einem, fünf und zehn Schilling heraus. Damit wurden Arbeiter für umfangreiche Bauprojekte in der Gemeinde bezahlt. Die Arbeitslosigkeit sank deutlich, während sie quer durch Österreich weiter stieg. Für diesen Geldersatz war eine monatliche Abwertung von einem Prozent pro Monat festgelegt. Wer dies verhindern wollte, musste Stempelmarken kaufen und aufkleben – oder die Scheine eben rasch ausgeben. Eine Umwechselgebühr von zwei Prozent machte es unattraktiv, die Scheine in Schilling zu tauschen. Die eingebaute Entwertung brachte den Scheinen auch die Bezeichnung „Schwundgeld“ein. Nach gut 13 Monaten musste dieses „Geld“aber tatsächlich verschwinden, weil es von der Notenbank verboten wurde.
„Es war kein Wunder“, sagt Nationalbank-Ökonom Clemens Jobst. Es sei eine Notmaßnahme für eine Zeit mit vielen nicht genutzten Ressourcen gewesen. „Im Prinzip ist es um öffentliche Aufträge gegangen“, so der Ökonom. Sobald die Unternehmen ihre Steuerschulden bei der Gemeinde beglichen hätten, wäre das Experiment ohnehin beendet worden, ist Jobst überzeugt.
Abgesehen davon sei es aber sicher psychologisch