Kurier (Samstag)

Wirtschaft­skrise zum Nachsehen

ORF 2 zeigt am Samstag „Das Wunder von Wörgl“und eine Doku

- RTL SAT 1 PRO 7 VOX WEISE

wichtig gewesen, der Bevölkerun­g zu zeigen, dass sich endlich etwas tue. Den Raum Wörgl haben die Arbeitssch­eine aber nie verlassen.

Gibt es heute Vergleichb­ares? „Jedes Bargeld ist immer auch Schwundgel­d“, stellt Jobst fest. Bargeld werfe keine Zinsen ab, die das Ansteigen von Konsumente­npreisen ausgleiche­n könnten, die Kaufkraft schrumpft also. Inflation war von 1925 bis 1938 allerdings kein Problem, „die Preise waren ziemlich stabil“. Anders als 1921/’22, als eine Hyperinfla­tion die Kaufkraft von Einkommen und Pensionen zerstörte. „Damals wurde die Mittelschi­cht ausgehöhlt“, sagt Jobst.

In den vergangene­n Jahren hat es in Österreich immer wieder Schilling- bzw. Euro-Ersatz gegeben. Zum Beispiel den „Waldviertl­er“, um den Einkauf in der Region anzukurbel­n. Das wurde von der Nationalba­nk toleriert, weil es keine Gelderfind­ung war und nur regional zum Einsatz kam. Dass Schwundgel­d in einer Krise erneut zum Einsatz kommt, kann sich Jobst nicht vorstellen. „Wofür haben wir Geld? Weil es ein praktische­s Zahlungsmi­ttel ist. Wollen wir das künstlich verkleiner­n?“

Mit Gutscheine­n und Plastikmün­zen (etwa von Palmers) wird vermutlich aber wieder viel Schwundgel­d unterm Christbaum liegen – falls die Geschenke in der Lade landen und erst viel später wieder auftauchen. Die Geschichte des Lokomotivf­ührers Michael Untergugge­nberger, der in der Wirtschaft­skrise der 1930er-Jahre zum Bürgermeis­ter von Wörgl aufsteigt und eine gute Idee hat, für die die Welt noch nicht bereit ist, diese Geschichte ist berührend und erzählensw­ert. Das dachte sich auch der Drehbuchau­tor Thomas Reider, der das Drama „Das Wunder von Wörgl“gemeinsam mit Regisseur Urs Egger im Auftrag des ORF umsetzte.

Das als historisch­er Fernsehfil­m mit viel Kostüm- und Kulissenau­fwand inszeniert­e Drama wird sehr behutsam ohne reißerisch­e Bilder und hektische Schnitte erzählt. Im Zentrum steht dabei Untergugge­nberger, dem Markovics eine stoische Ruhe verleiht, die von der Begeisteru­ng für sein Tun durchkreuz­t wird. An seiner Seite gibt Verena Altenberge­r seine Frau Rosa, gewisserma­ßen der Fels in der Brandung, der auch ob des zerrüttete­n Verhältnis­ses mit dem Sohn (Aaron Friesz) dringend notwendig ist. Schließlic­h scheint dieser für das Nazi-Gedankengu­t des örtlichen Fleischhau­ers und Ungustls (Andreas Lust) durchaus zugänglich. –

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Ein Mann mit einer Idee: Karl Markovics als Untergugge­nberger

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