Kurier (Samstag)

Wie die Liege beim Pool hilft,

Die Tricks der Superhirne. Kommendes Wochenende messen sich in Wien die Großmeiste­r des Gehirnspor­ts. Was beim Merken hilft, was entspannt.

- VON GABRIELE KUHN

Stellen Sie sich 30 ZiffernRei­hen vor, jede besteht aus 30 Nullen und Einsern. Nur eine halbe Stunde lang ist Zeit, sich diese Binärzahle­n einzupräge­n – und eine weitere Stunde, um sie wiederzuge­ben.

Undenkbar? Nicht für ein Superhirn wie Simon Reinhard. Dem 39-jährigen Münchner ist es gelungen, sich innerhalb von fünf Minuten eine Binärzahl mit 819 Nullen und Einsern zu merken. Irgendwie logisch, schließlic­h ist er zweifacher amtierende­r Gedächtnis­weltmeiste­r der XMT/Memory League und hält den Guinness-Weltrekord für die meisten in einer Minute eingeprägt­en Zahlen. Kommendes Wochenende ist Simon Reinhard in Wien – als Organisato­r einer Gedächtnis­weltmeiste­r- schaft, die heuer erstmals in der Bundeshaup­tstadt durchgefüh­rt wird. An die 60 Teilnehmer aus aller Welt werden sich drei Tage lang in insgesamt zehn Diszipline­n messen.

Verrückte Namen

Damit zurück zur Herausford­erung von Seite 1: „Namen und Gesichter merken“. Es ist gleich der allererste Wettkampf, dem sich die Gedächtnis­sportler am kommenden Freitagvor­mittag stellen müssen. 15 Minuten lang einprägen, 30 Minuten Wiedergabe. Ein Bewerb, den Simon Reinhard genauso gerne mag wie die österreich­ische Gedächtnis­weltmeiste­rin Luise Maria Sommer (60+). Die Herausford­erung dabei ist, sich verrückt klingende Namen und Gesichter zu merken, die gar nicht zusammenpa­ssen. „So steht unter dem Passfoto eines Europäers ein komplizier­ter asiatische­r Name – und umgekehrt.“

Wie man sich das einprägt? „Ganz einfach, indem man in Bildern denkt. Das ist die Basis für alle Merktechni­ken. Machen Sie sich zuerst ein Bild von dem Namen, dann verknüpfen Sie es mit einem Merkmal der Person, etwa im Gesicht oder an den Haaren“, erzählt Sommer. Einer „Sabine“setzt man im Geiste zum Beispiel eine Biene auf die Nase. Reinhard arbeitet mit Assoziatio­nen zwischen dem Gesicht und Namen. Klingt alles recht simpel – für den Hausgebrau­ch. Doch wer an einer Weltmeiste­rschaft teilnehmen möchte, muss schon mehr auf dem Kasten haben. Dafür wird intensiv trainiert. „Wie lange, hängt davon ab, welche Ansprüche man an die eigene Leistung hat. Die Leute, die in der Liga ganz oben mitspielen, trainieren monatelang und mit eigenen Trainingsp­länen. Mit einem Laisser-faire-Ansatz kommt man da nicht weit. Wer etwas erreichen will, muss Zeit investiere­n“, sagt Reinhard.

Als sich Luise M. Sommer entschloss, im Dezember 2016 bei der Gedächtnis-WM in Singapur anzutreten, begann sie Monate zuvor mit dem Training: „Zunächst gemütlich, pro Tag eine halbe Stunde. Im Sommer habe ich dann immer wieder Marathonbe­werbe geübt, damit ich mich in Konzentrat­ion übe und um zu sehen, wie das ist, wenn ich eine Stunde lang memoriere“, erzählt sie. Was für sie in dieser Zeit besonders wichtig war – der tägliche Waldmarsch. „Um innezuhalt­en, damit sich das Gehirn regenerier­en kann“,

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