Kurier (Samstag)

Sich viele Dinge zu merken

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erinnert sich Sommer. Woran sie sich ebenfalls gut erinnern kann – an die spezielle Atmosphäre bei der Weltmeiste­rschaft: „Alle Teilnehmer sind voll fokussiert, aber auf unterschie­dliche Weise. So gibt es etwa solche, die sich mit Kopfhörern oder speziellen Kappen total abschirmen und in sich versunken memorieren. Ich bin da lockerer“, sagt Sommer, die sich vorgenomme­n hat, mit 70 Jahren erneut bei einer Weltmeiste­rschaft anzutreten.

Simon Reinhard schätzt den Gedächtnis­sport auch wegen der angenehmen, freundlich­en Atmosphäre: „Ich habe sämtliche Wettkämpfe immer als eine Art großes Get-together wahrgenomm­en – von Menschen aus aller Welt, die sich zum ersten Mal sehen und austausche­n. Es ist auch nicht verbissen.“

Wie bei einer Prüfung

Der Wettbewerb selbst hat durchaus was von Maturastim­mung – „es ist wie bei einer sehr wichtigen Prüfung.“Da liegt Spannung in der Luft, jeder stimmt sich auf seine Art ein. „Manche unterhalte­n sich und lenken sich ab. Andere sitzen ruhig am Tisch und gehen nochmals ihre ganzen Merkmethod­en durch“, schildert Reinhard.

Wie die Superhirne dann aber alles in ihren Kopf kriegen, ist unterschie­dlich. Als „Mutter“aller Strategien gilt die LociMethod­e, von „Locus“(für Ort). „Sie wird als Basis von allen Gedächtnis­sportlern verwendet – aber von jedem auf seine Art und in unterschie­dlichen Stilen“, sagt Simon Reinhard.

Wie man sich die Loci-Methde vorstellen muss? Zum Beispiel so: Im Geiste gehen die Wettkampft­eilnehmer spazieren. Der eine durch seinen Garten – wie etwa Luise M. Sommer. Der andere flaniert durch seinen Lieblingsu­rlaubsort, wie zum Beispiel Simon Reinhard: „Man visualisie­rt die Dinge, die man sich merken soll, stellt sie sich also bildlich vor und legt diese Dinge an markanten Punkten dieser Route ab.“Ort 1 der Route „Urlaubsort“wäre dann der Frühstücks­tisch im Hotel, an dem ein Bild verankert wird. Ort 2 könnte die Rezeption sein, Ort 3 die Liege am Pool. Und so weiter.

Anhand solcher vorbereite­ten „Reiseroute­n“können sich Gedächtnis-Meister sehr viele Dinge auf einmal merken.

Die anspruchsv­ollste Version dieser Methode heißt übrigens „Gedächtnis­palast“und braucht sehr viel Übung. Dabei dient ein prächtiges, schlossart­iges Gebäude als geistiger Ort der Informatio­nsveranker­ung. Diese Technik wurde Laien vor allem durch die BBC-Serie „Sherlock“bekannt, in der Sherlock Holmes seinen Gedächtnis­palast benützt, um nach wichtigen Fakten und Assoziatio­nen zu suchen.

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