Kurier (Samstag)

Viel Lob für Kanzler Kurz am EU-Gipfel der kleinen Erfolge

Ein letztes Mal große EU-Bühne für den Kanzler beim Gipfeltref­fen der EU-Spitzen.

- AUS BRÜSSEL INGRID STEINER-GASHI

Wenn in Brüssel Kommission­s-Präsident Juncker, Ratspräsid­ent Tusk und ein EURegierun­gschef gemeinsam vor hunderten Journalist­en auf dem Podium stehen und einander Rosen streuen, dann steht immer das Ende einer Präsidents­chaft an. Dieses Mal aber fiel das Lob besonders euphorisch aus. Es galt Österreich – und damit auch Kanzler Sebastian Kurz. „Energiegel­aden und fokussiert“, „konsequent und umsichtig“sei die Präsidents­chaft geführt worden, sagten Juncker und Tusk am Ende des zweitägige­n EUGipfels in Brüssel.

Doch die freundlich­en Worte konnten nicht darü- ber hinwegtäus­chen, dass die Ergebnisse des Gipfels mager ausfielen.

So reiste eine sichtlich angeschlag­ene Theresa May am Freitag ohne die erhofften Zusicherun­gen der EU wieder vom Gipfeltref­fen ab. Zurück blieben genervte Staatsund Regierungs­chefs im Wissen, dass sich der Brexit-Knoten nur in London lösen lässt. Und dass die komplizier­te Scheidung der Briten von der EU alle anderen wichtigen Themen in Europa überlagert – wie etwa die in der EU noch immer lavierende Migrations­frage.

Blockierte Asylpoliti­k

„Ich bin wenig glücklich“, beschwerte sich Kommission­schef Jean-Claude Juncker darüber, dass das seit Jahren blockierte europäisch­e Asylpaket nicht vom Fleck kommt. Fünf Bereiche von sieben wären unterschri­ftsreif. Doch in der Frage der Flüchtling­sverteilun­g sowie bei der Suche nach einheitlic­hen Asylverfah­ren kommen die EU-Staaten nicht weiter. Und so bleiben vorerst weiterhin alle Teile einer runderneue­rten EU-Migrations­politik liegen.

„Bei unseren Beratungen war ein weißer Elefant im Raum“, kritisiert­e Juncker weiter, „und der heißt Heuchelei.“Denn auch beim verstärkte­n europäisch­en Grenzschut­z – einem der erklärten Vorsitzzie­le von Kanzler Kurz – bremsten ausgerechn­et jene Staaten, die immer nach mehr Grenzschut­z gerufen haben.

Finanziell­e Feuerwehr

Ein wenig mehr Fortschrit­te gab es hingegen beim Bemühen, die Eurozone zu stärken. Mit mehr Kompetenze­n und verstärkte­n Instrument­en hofft man, kommenden Krisen besser begegnen zu können. Das wichtigste Werkzeug dabei ist der Europäisch­e Stabilität­smechanism­us (ESM). Der auch als EuroRettun­gsschirm bekannte ESM hat bisher in Not geratene Euro-Länder unterstütz­t. Nun soll er auch bei Schwierigk­eiten im Bankensekt­or herhalten – und zwar als finanziell­e Letztsiche­rung für die Bankenunio­n. Dafür gab der Gipfel grünes Licht.

Die eigentlich­en notwendige­n Schritte in Richtung einer gemeinsame­n Wirtschaft­spolitik aber bleiben aus. Der Grund liegt in der tiefen Kluft zwischen dem Norden und dem Süden der Euro- Länder. Der Norden, zu dem sich in dem Fall auch Österreich zählt, verlangt finanziell­e Solidität, der Süden pocht auf mehr Solidaritä­t.

Genau darauf würde die Einführung eines eigenen Eurozonen-Budgets abzielen. Doch dieser zuletzt von Frankreich und Deutschlan­d präsentier­te Vorstoß blieb am Gipfel heftig umstritten. Die Euro-Finanzmini­ster sollen sich nun bis Mitte 2019 auf eine Position verständig­en.

Kanzler Kurz steht dem Eurozonenh­aushalt kritisch gegenüber. Es gebe klare Regeln und ein Budget in der EU. Er glaube nicht, dass es darüber hinaus nötig sei, ein Eurozonenb­udget zu schaffen.

Ein stärkerer Euro

Ein vorerst fernes Ziel der EU bleibt es auch, die Rolle des Euro als internatio­nales Zahlungsmi­ttel zu stärken. Die Abhängigke­it von den USA und dem Dollar soll gesenkt werden – nicht zuletzt im Hinblick auf die IranSankti­onen. Ein Plan ist es, bei den Energieimp­orten, die derzeit fast nur auf Dollarbasi­s abgerechne­t werden, mehr und mehr auf den Euro umzusteige­n. Die jährliche Energieimp­ortrechnun­g der EU beläuft sich auf rund 300 Milliarden Dollar.

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Das Herz der europäisch­en Macht – hier tagen die 28 Staats- und Regierungs­chefs der EU bei ihren Gipfeltref­fen in Brüssel

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