Klimagipfel steuert auf Crash zu – Chomsky: „Geht ums Überleben“
Gestritten wird um technische Details – es brauche aber mehr Ambition und Ehrgeiz, klagt die Wissenschaft.
Freitag sollte eigentlich Schluss sein. Doch in einigen Punkten lagen die Teilnehmerstaaten auf der 24. UNKlimakonferenz im polnischen Kattowitz noch so weit auseinander, dass das Treffen nach einer durchverhandelten Nacht heute in die Verlängerung geht. Eine erfolgreiche Klimakonferenz, da waren sich Klimaschutzorganisationen schon am Freitag einig, wird es jedenfalls nicht.
Das hat mit der eigentlichen Herausforderung zu tun: Das angestrebte Ziel, die Erderhitzung auf unter 1,5 °C zu begrenzen, ist mit den am Tisch liegenden Plänen nicht erreichbar. Auch das 2 °C-Ziel, das Wissenschafter als für den Planeten wahrscheinlich gerade noch verkraftbar genannt haben, liegt in weiter Ferne.
Mehr als 3 °C Erwärmung ist mit den von den 193 Staaten vorgelegten „Verpflichtungen zur Emissionsreduktion“derzeit sicher, 4 °C Erwärmung halten viele Klimaforscher, etwa ETH-ZürichPaläoklimatologe Gerald Hau, inzwischen auch für realistisch, berichtet die FAZ.
Es sei denn, die Industriestaaten machen in den kommenden Monaten kehrt, beginnen ihre Volkswirtschaften im Rekordtempo auf fossilfreie Energieträger umzustellen (Auch Österreichs Energie kommt derzeit zu zwei Dritteln aus Öl, Gas und Kohle). Oder es gibt wissenschaftliche Durchbrüche, wie das Kohlendioxid (aus der Verbrennung von Öl, Gas und Kohle) und das Methan (aus der Fleischproduktion und den auftauenden Permafrostböden) rasch, billig und in unvorstellbar großen Mengen aus der Atmosphäre wieder herausgeholt werden kann.
Der Wissenschaft sind die Superlative ausgegangen, wie sie Öffentlichkeit und Regierungen zum raschen Han- deln aufrufen könnten. Drei wissenschaftliche Berichte, die kurz vor der Klimakonferenz veröffentlicht wurden, sollten die „world leader“wachrütteln: Die World Meteorological Organization bestätigte den Rekordwert der CO - Konzentration ( mit 405,5 ppm); der Weltklimarat IPCC bekräftigte, dass die Klimaschutzziele rein technisch noch erreichbar sind; und das Umweltprogramm UNEP berechnete, dass die Maßnahmen zur Erreichung der Pariser Klima- schutz-Ziele verdreifacht werden müssten.
„Es geht umnichts weniger als die wichtigste Entscheidung in der Geschichte der Menschheit. Unsere Generation wird entscheiden, ob menschliche Gesellschaften in einer lebenswerten Form überleben können“, sagte der linke Philosoph Noam Chomsky, der in Kattowitz per Videostream zugeschaltet wurde.
Spielregeln
In Kattowitz geht es konkret um die „Spielregeln“, wie wer welche Emissionen bis zu welchem Zeitpunkt reduziert. „Das ist wichtig, weil die Regelung nicht mehr verändert wird“, erklärt Johannes Wahlmüller von Global 2000.
Für den Grazer Ökonomen Stefan Schleicher gibt es aber auch positive Signale: Investoren hätten begonnen, ihre Finanzströme wegen der Klimawandel-Risiken umzulenken. Die Krise müsse gelöst werden, andernfalls drohe ein weltweiter Finanzcrash, warnten Investoren mit einem Finanzvermögen von 32 Billionen Dollar (28.000.000.000.000 Euro).
„Es geht um die wichtigste Entscheidung in der Geschichte der Menschheit.“
Noam Chomsky Linguist und Philosoph am MIT