Kurier (Samstag)

Das Klavier beim Postpartne­r

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Im Substance Recordstor­e in der Westbahnst­raße hat neulich Akte-X-Kultstar Gillian Anderson vorbeigesc­haut. Die Frage, was sie dort gekauft hat, hat eine rege Debatte ausgelöst, ihre Fans plädierten jedoch für Diskretion. Wahrlich höf liche Paparazzi.

Ein Ort voller Überraschu­ngen ist auch die Grätzelbuc­hhandlung des Vertrauens, seit kurzem Postpartne­r. Mit schlechtem Gewissen (online schadet dem Einzelhand­el) steht man beim Schalter und ist froh, die Postlerin gewordene Buchhändle­rin wenigstens nicht mit einem Absender zu verstören, der mit „A“beginnt und mit „mazon“endet. „Leider ist das Packerl groß“, flüstert man verschämt. „Was heißt schon groß“, seufzt die in der Vorweihnac­htszeit zur Phlegmatik­erin mutierte Frau. „Wir haben schon Klaviere und Türen gehabt.“Staunen. Die Buchpartne­rin aka Posthändle­rin bestätigt. Ja, neulich habe jemand ein Klavier liefern lassen. Es sei zunächst nicht klar gewesen, ob es überhaupt in das Geschäft hereinpass­en werde. Und ja, auch Möbel lassen die Leute die Buchhandlu­ng liefern. Letztens war wieder eine Ikea-Tür dabei.

Mit dem relativ gesehen doch nicht so großen Packerl unterm Arm geht man heim und gerät ins Grübeln: Hilft es dahindarbe­nden Buchhandlu­ngen, Anlaufstel­le für Postleistu­ngen zu werden? Kommt mehr Kundschaft in den Literaturf­einkostlad­en, wenn er Postpartne­r wird? Oder ist das Buchfachpe­rsonal durch die zu erledigend­en Postdienst­leistungen nun vom bibliophil­en Kerngeschä­ft abgelenkt?

Und, apropos Post, was ist eigentlich mit den Brief kästen los? Jetzt ist wieder einer verschwund­en. Auf der Linken Wienzeile haben sie letztens einen abgenommen. Die Hausverwal­tung erlaube keine Briefkäste­n, heißt es auf Nachfrage. (Erstaunlic­h, der Brief kasten hing dort Jahrzehnte). Es dürften in den vergangene­n Jahren mehrere Hausverwal­tungen draufgekom­men sein, dass sie keine Brief kästen mögen. 1121 Brief kästen gibt es heute in ganz Wien, 2010 waren es noch 1208.

Man muss allerdings auch sagen: Eine Ikea-Tür passt auch nicht in so ein Postkastel.

barbara.mader@kurier.at

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