Selbstevaluierung: Blümel zieht Bilanz
Trenklers Tratsch
Eine Lebensweisheit Ihres Tratsch-Partners lautet: Jede Bilanz, die gezogen wird, fällt positiv aus. Anderes ist offenbar denkunmöglich. Gernot Blümel macht da keine Ausnahme. Der Regierungskoordinator der ÖVP zog am Freitag „Bilanz nach einem Jahr als Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien“.
Er war zwar ein klein wenig vorschnell, denn Blümel wird offiziell erst Anfang Jänner ein Jahr Kulturminister sein. Aber wirklich Entscheidendes dürfte bis dahin nicht passieren – abgesehen von der Bestellung eines Expertengremiums, das sich mit der Zukunft des Hauses der Geschichte beschäftigen soll, und der Bekanntgabe, wer das Kunsthistorische Museum zehn Monate lang interimistisch leiten wird.
Blümel erwähnte kaum etwas von dem, was sich die türkis-blaue Regierung vorgenommen hat, darunter die Evaluierung aller Förderungen ab 100.000 Euro. Aber man kann ja nicht alles im ersten Jahr erledigen. Und der Minister hatte bei seiner Selbstevaluierung doch sehr viele Punkte anzusprechen:
Statt einer Kürzung des Kulturbudgets, wie von der Opposition befürchtet, gab es zumindest eine sanfte Anhebung um 2,3 Millionen Euro; 40 Prozent der Sammlung
von einer Dauerleihgabe an die Albertina in eine Schenkung umgewandelt; Erika Pieler, Richterin für Denkmalschutz am Verwaltungsgericht, fungiert ab Jänner als Präsidentin des Bundesdenkmalamts.
2020/’21 wird es erstmals einen gemeinsamen Förderschwerpunkt mit den Ländern geben: Für Projekte zum Thema „Kunst und Kultur im digitalen Raum“steht ein Topf mit bis zu fünf Millionen Euro zur Verfügung, zur Hälfte gefüllt vom Bund.
Nach Gutdünken gefällte Entscheidungen, wer den Österreich-Beitrag bei den Biennalen von Venedig gestaltet, gehören nun der Vergangenheit an: Der Minister bekennt sich zu einem professionellen Auswahlverfahren samt Jury – wie international üblich.
Er findet es weiterhin super, Ex-SPÖ-Kulturminister Josef Ostermayer zum Vorstand der Privatstiftung Leopold gemacht zu haben; denn dieser würde für das Museum brennen. Stimmt ja.
Blümel lobte zudem die Zusammenarbeit mit Veronica Kaup-Hasler, der parteifreien Wiener Kulturstadträtin: Gemeinsam wurde das Konzerthaus entschuldet, gemeinsam erhöhte man die Subvention für das Theater in der Josefstadt, gemeinsam trägt man die Mehrkosten für die Sanierung der Secession.
Der Minister lobte auch die BundesMuseenCard als Anreiz, die Institutionen zu besuchen. Sie ist allerdings eher ein Schildbürgerstreich. Denn man kann mit ihr ins KHM-Hauptgebäude gehen, aber nicht ins Weltmuseum, in den Prunksaal der Nationalbibliothek, aber nicht ins Haus der Geschichte, ins Obere Belvedere, aber nicht in den 21er-Pavillon.
Eingestehen musste Blümel, dass unter dem Ratsvorsitz Österreichs bezüglich der Urheberrechtsreform doch keine EU-Einigung erzielt werden konnte. Eine NichtLösung spiele, warnte er, nur den multinationalen OnlineGiganten in die Hände. Diese Richtlinie sei „wesentlich für die Zukunft des gesamten europäischen Content- und Kreativbereiches“.
Als Medienminister hatte Blümel wenig zu sagen. Zur ORF-Reform schwieg er, die Presseförderung wolle man auf neue Beine stellen.
Leider hat Ihr TratschPartner dann noch zu fragen vergessen, was aus dem Dialog geworden ist, den Blümel im Kanzleramt mit Philosophen aufbauen wollte.
thomas.trenkler @kurier.at