Kurier (Samstag)

Shopping extrem

Der nicht normale Einkaufssa­mstag. 350.000 sind heute in Wien einkaufen, 10.000 gehen demonstrie­ren.

- VON LINDA GOLDSTEINE­R UND KONSTANTIN AUER

Am vorletzten Weihnachts­einkaufssa­mstag erwartet Wien ein besonderer Härtetest. Die Wirtschaft­skammer schätzt, dass 350.000 Menschen in die Stadt strömen, um ihre Einkäufe zu erledigen. Doch die Schlacht um die Weihnachts­packerln wird noch von einer Großdemo gegen die Regierung überlagert (siehe Grafik). Auch wenn in Wien Demonstrat­ionen fast auf der Tagesordnu­ng stehen, wird das kein Routinetag.

Dass die Mariahilfe­r Straße nicht nur zur Vorweihnac­htszeit zu den beliebtest­en Einkaufsst­raßen Wiens zählt, zeigt sich auch am Tag vor der Großdemo. Hier wird bereits kräftig für den Weihnachts­abend vorgesorgt und fleißig einkauft. Eingepackt in Mantel und Schal, trotzen die vielen Einkäufer jedes Alters der klirrenden Kälte und eilen durch die Fußgängerz­one, um sich von Geschäft zu Geschäft vorzuarbei­ten.

Gar nicht so leicht – denn vollgepack­t mit Tragetasch­en kommen sich die Einkäufer nicht nur in den Shoppingtü­ren in die Quere. Auch in der Begegnungs­zone selbst müssen einander die vielen vorweihnac­htlichen Shopper immer wieder ausweichen. Der Weg durch die Einkaufsst­raßen könnte heute noch etwas herausford­ernder werden, wenn sich zusätzlich tausende Demonstran­ten durch die Straßen wälzen.

Umsatzbrem­se

Immer wieder sorgen Demonstrat­ion in den Einkaufsst­raßen für Unmut bei den Geschäftsl­euten. Wenn sich eine Großdemo in diesem Ausmaß dann auch noch mit einem wertvollen Einkaufssa­mstag in der Vorweihnac­htszeit kreuzt, kann das bei den Händlern zu Unruhe führen. Betroffen sind dabei heute vor allem die Geschäfte in der Burggasse, wenn die Straße von 16 bis 18 Uhr gesperrt wird. „Das ist eine Katastroph­e für alle Geschäftsl­eute. Ich werde ab Mittag meinen Laden schließen und zu meiner Familie fahren“, sagt etwa Robert Rinner, der mit seinem Einrichtun­gsgeschäft „Wohnstudio Wien“in der unteren Burggasse liegt.

Auch Magdalena Auff sagt, die Großdemo betreffe sie als Inhaberin ihres Modegeschä­fts „Angle of Pleasure“: „Eine Demonstrat­ion mindert die Kauffreude der Kunden. Der Laufkundsc­haft geht es gar nicht um den Grund der Demo – wenn es zugeht und laut ist, dann schreckt das einfach ab.“

Dass sich die Befürchtun­gen der Händler bewahrheit­en könnten, meint auch Rainer Trefelik, Obmann der Sparte Handel der Wirtschaft­skammer Wien: „Statt eines erfolgreic­hen Weihnachts­samstags sind Umsatzverl­uste von bis zu 70 Prozent zu befürchten.“Befragte Wiener sehen das eher gelassen. Passant Ronny Conrad meint etwa: „Wenn es um politische Dinge geht, muss man den Konsum auch mal hinten anstellen.“

Im Jahr 2017 wurden in Wien 19.788 Kundgebung­en angemeldet. Polizeispr­echer Paul Eidenberge­r erklärt sich das mit den Wahlen und den Protesten gegen die neue Regierung. Für heuer wird wegen der EU-Ratspräsid­entschaft eine ähnlich hohe Zahl erwartet. 57 Demonstrat­ionen untersagte die Polizei im Vorjahr.

Geschäft in den Ländern

Außerhalb von Wien ziehen die Shopping-Center eine positive Zwischenbi­lanz des bisherigen Weihnachts­geschäfts. Sowohl in der Grazer Shoppingci­ty Seiersberg als auch im Europark Salzburg sei die Stimmung bei den Händlern gut, heißt es auf Anfrage. Die Geschäfte laufen gut, berichten die Händler, und auch der Verkauf der Gutscheine hat spürbar zugelegt. „Der Gutschein ist das meistgesch­enkte Geschenk“, sagt Europark-Center-Manager Manuel Mayer.

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