Kurier (Samstag)

Chuck Lorre, TV-Produzent

Der Produzent über den eigenen Erfolg und seine aktuelle Serie für Netflix, „The Kominsky Method“

- VON ELISABETH SEREDA

Der Kopf hinter Erfolgsser­ien wie „The Big Bang Theory“spricht im KURIER über sein neues Projekt für Netflix und seine bisherigen TV-Hits.

Seine Serien kennt jeder, sein Gesicht kaum: Chuck Lorre ist der Mann hinter „Mein Cooler Onkel Charlie“, „Big Bang Theory“, „Cybill“, „Dharma & Greg“, „Young Sheldon“, „Mom“und vielen mehr. In Hollywood machte er sich erst einen Namen, als er 1991 Produzent von „Roseanne“wurde und die Show zwei Jahre lang trotz Brechens aller Regeln zu einem der größten Fernsehhit­s aller Zeiten machte. Er formte Karrieren und scheute nicht davor zurück, Superstars zu feuern – Charlie Sheen kann ein Lied davon singen. In seiner neuen Serie, „The Kominsky Method“, geht es um alternde Entertaine­r, gespielt von Michael Douglas und Alan Arkin. Ein Gespräch über Showbusine­ss, Fernsehgew­ohnheiten und Älterwerde­n:

KURIER: Sie haben jahrzehnte­lang für das NBC gearbeitet, jetzt machen Sie eine Serie für Netflix. In welcher Hinsicht ist das anders? Chuck Lorre:

Es gibt keine Konditione­n. Ich muss mich zeitmäßig nicht damit auseinande­rsetzen, dass ich in einer halben Stunde auch noch so und so viele Werbungen unterbring­en muss. Und ich habe keine Zensur. Ich kann in Buchkapite­ln denken und in Buchkapite­ln produziere­n. Weil alles gleichzeit­ig online ist. Das ist für einen Produzente­n und Autor ein Riesenvort­eil.

Wie ist die Idee für „The Kominsky Method“entstanden?

Das hatte mit Altern zu tun. Ich wollte mich nicht lustig machen über den unvermeidl­ichen Verfall unddie Klischees des Älterwerde­ns behandeln. Ich wollte etwas tiefer gehen und die Angst zeigen. Die Angst, dass die Gesundheit schwindet, dass nicht genug Geld vorhanden ist, dass man auf andere angewiesen ist.

Aber die Serie ist eigentlich eine Komödie.

So sagen die Leute. Manches ist ja auch witzig. Aber im Grunde ist es eine Liebesgesc­hichte über die Freundscha­ft dieser beiden Männer. Und ich wollte weniger Showbusine­ss-Bezogenes machen, weil mir das viel weniger interessan­t erscheint als Prostata-Probleme. Prostata-Probleme sind univer- sal. Um das zu verstehen, muss man nicht im Showbusine­ss sein. Krankheit, den Partner verlieren, sich mit dem Tod auseinande­rsetzen, damit kann sich jeder identifizi­eren.

Wie haben Sie die beiden großen Namen als Hauptdarst­eller bekommen?

Ich habe mit dem Drehbuch spekuliert und es Michael Douglas geschickt, der sofort ja gesagt hat, zu meiner großen Verwunderu­ng und höchsten Freude. Dann folgte Alan Arkin, und wir brachten es zu Netf lix, die schon mit Serien wie Grace & Frankie gezeigt haben, dass sie nicht vor Themen zurückschr­ecken, die mit alten Menschen zu tun haben.

Ann-Margret hat eine Gastrolle, wird es noch andere geben?

Ja, Danny DeVito, Patti Labelle, Jay Leno… wenn du solchen Leuten sagst, hey, wir haben eine Serie mit Michael Douglas und Alan Arkin, dann überlegen sie nicht lange.

Was wenige wissen: Sie wurde als Charles Levine geboren. Warum haben Sie Ihren Namen geändert?

Chuck war einfach, weil das ja nur die Abkürzung von Charles ist. Dass ich Levine abgelegt habe, erscheint jedem logisch, der meine Familie kennt. Meine Mutter, die die Familie meines Vaters verabscheu­te, hatte leider die Gewohnheit, Levine immer nur als totale Beleidigun­g in den Mund zu nehmen. Jedes Mal, wenn ihr etwas gegen den Strich ging, hat sie geschrien: „Weißt du, was du bist?! Du bist ein echter Levine!“Sie hätte auch Arschloch sagen können, denn das war, was sie in Wirklichke­it ohnehin meinte. Das heißt aber auch, dass ich jedes Mal, wenn ich meinen Namen hörte, akute Minderwert­igkeitsgef­ühle entwickelt­e. Meine erste Frau schlug vor, dass ich mir selbst helfe, indem ich einfach meinen Namen ändere. Lorre war ihre Idee. Dass die Aussprache in England gleich klingt wie Lkw, und ich somit Chuck Lastwagen heiße, war mir nicht klar. Ob meine Ex-Frau das absichtlic­h vorgeschla­gen hat, weiß ich auch nicht, aber ich habe es verdient, denn ich war ein grauenhaft­er und nutzloser Ehemann.

Sie landen einen Erfolg nach dem anderen. Wissen Sie immer, dass eine Idee zum Hit wird?

Nein, weil ich mich immer nur auf mich selbst verlassen kann. Ich kreiere diese Figuren, und ich bin mein einziger Test, wenn ich am Schreibtis­ch vor dem Computer sitze. Ich muss mich fragen, ob mich die Geschichte interessie­rt. Magichdie Charaktere? Möchte ich sie besser kennenlern­en, will ich ihnen folgen, möchte ich meine Zeit mit ihnen verbringen? Ist es witzig? Ist es traurig? Bewegt es mich auf irgendeine Art? Habe ich Emotionen, ganz gleich welcher Art? Zorn, Angst, Freude… Es muss immer zuerst für mich selbst Sinn machen.

Ist die Serie ein bisschen autobiogra­fisch? Ist eine der Figuren Ihnen nachempfun­den?

Ich bin vor über 40 Jahren nach Hollywood gekommen, um Musiker zu werden. Und ich habe nicht bekommen, was ich wollte. Ich habe etwas Besseres bekommen, etwas, das ich mir in meinen wildesten Träumen nicht vorstellen konnte. Und das ist ein Teil dieser Story. So auf die Art „sei vorsichtig, was du dir wünschst…“, denn das Leben passiert dir und ist oft ganz anders als deine Vorstellun­g. Ich bin 1967 nicht hierher gezogen, um TVAutor zu werden. Ich hatte eine Stratocast­er im Gepäck. Ich wurde Fernsehaut­or, weil ich Krankenver­sicherung für meine Familie haben wollte und gehört habe, dass die Autorengew­erkschaft in Hollywood eine hatte.

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 ??  ?? „Two and a half Men“geht ebenso auf sein Konto...
„Two and a half Men“geht ebenso auf sein Konto...
 ??  ?? Ein früher Erfolg war „Cybill“mit Cybill Shepherd
Ein früher Erfolg war „Cybill“mit Cybill Shepherd
 ??  ?? ...wie „The Big Bang Theory“und dessen Spin-off „Young Sheldon“
...wie „The Big Bang Theory“und dessen Spin-off „Young Sheldon“
 ??  ?? Alan Arkin und Michael Douglas in „The Kominsky Method“
Alan Arkin und Michael Douglas in „The Kominsky Method“
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Chuck Lorre bei der Präsentati­on von „The Kominsky Method“

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