Kurier (Samstag)

Islamisten abgeschobe­n

Gefährder. Nach Verbüßung der Haftstrafe in Österreich werden Islamisten immer öfter sofort in ihre Heimat abgeschobe­n

- VON MICHAELA REIBENWEIN UND PATRICK WAMMERL

Terror-Paragraf. Nach Verbüßen der Haft müssen Gefährder immer öfter zurück in ihr Heimatland.

Vier Menschen hat der Attentäter Chérif Chekatt in Straßburg, Frankreich, erschossen. Zwei Tage nach demAnschla­gwurdeder2­9-Jährige von der Polizei getötet. Er soll ein „Soldat des IS“gewesen sein. Chekatt dürfte im Vorfeld den Behörden als „Gefährder“bekannt gewesen sein. Auch 320 Personen aus Österreich sind in den Dschihad gezogen oder wurden vor ihrer Ausreise gestoppt.

Wer gilt als Gefährder, wie viele gibt es davon im Land?

Als Gefährder werden laut Innenminis­terium Einzelpers­onen oder Gruppierun­gen bezeichnet, bei denen man aufgrund ihres Verhaltens damit rechnet, dass sie eine Gefahr für die öffentlich­e Sicherheit darstellen könnten. In Bezug auf den extremisti­schen Terrorismu­s zählen jedenfalls jene 320 Personen dazu. Es dürften aber auch weitere, die Propaganda verbreiten, Reisen organisier­en oder extremisti­sche Ansichten vertreten unter diese Bezeichnun­g fallen. Eine genaue Anzahl nennt das Innenminis­terium nicht. Es handle sich aber um eine Zahl im dreistelli­gen Bereich.

Was passiert mit jenen, die nach dem Terror-Paragrafen verurteilt wurden und ihre Haftstrafe verbüßt haben?

Sie stehen unter Beobachtun­g des Verfassung­sschutzes. Die rechtliche Möglichkei­t ergibt sich durch das polizeilic­he Staatsschu­tzgesetz. Wie viele Personen das betrifft – auch darüber schweigt sich das Innenminis­terium aus. „Wir nennen keine Zahl, damit die Betroffene­n nicht wissen, welche Kreise wir im Blick haben“, sagt Sprecher Christoph Pölzl. Man beobachte das Netzwerk jedenfalls sehr genau, werden Haftentlas­sene wieder in diese Richtung aktiv, würde das mit Sicherheit auffallen. Alleine in Niederöste­rreich wurden 2018 bis jetzt 300 Personen wegen des Verdachts der islamistis­chen Radikalisi­erung vom Verfassung­sschutz überprüft. In 60 Fällen kam es zu einem Strafverfa­hren, bis Anfang Dezember wurden im heurigen Jahr 16 Verdächtig­e festgenomm­en.

Bleiben verurteilt­e Dschihadis­ten, die keine österreich­ische Staatsbürg­erschaft haben, nach der Haft im Land?

In der Regel versucht das Bundesamt für Fremdenwes­en und Asyl nach abgesessen­er Haftstrafe eine Abschiebun­g in das jeweilige Heimatland zu erwirken. Ein prominente­r Fall ist der als Österreich­s „erster Dschihadis­t“bekannt gewordene Magomed Z. Der Tschetsche­ne wurde bei seinem TerrorProz­ess in Krems 2015 zu vier Jahren Haft verurteilt. Im vergangene­n September wurde er aus der Straf haft entlassen und sofort in Schubhaft genommen und nach Russland ausgeliefe­rt. Sein Anwalt Wolfgang Blaschitz hat das Vorgehen der Behörde beim Verwaltung­sgerichtsh­of beeinspruc­ht. „Magomed Z. wurde in Russland in einem Schnellver­fahren zu 15 Jahren Haft verurteilt und in ein Strafge- fangenenla­ger nach Sibirien gebracht. Vorgeworfe­n wurde ihm in seiner Heimat nicht Terrorismu­s, sondern dass er die Würde und das Ansehen Russlands geschädigt habe“, sagt Blaschitz. In Kürze wird Caner Y., ein Türke, aus der Haft entlassen – auch hier ist eine Abschiebun­g geplant. Doch der Mann hat Frau und Kinder in Wien.

Wie viele Personen sitzen aktuell wegen einer Verurteilu­ng nach dem Terrorpara­grafen in Haft? Wie werden sie betreut?

Aktuell sind es 61 Personen, davon 14 junge Erwachsene und drei Frauen. Sie werden von der Organisati­on Derad betreut – auch nach der Haft. Für Verurteilt­e gibt es auch das Aussteiger­programm „Exit“. Wie viele daran teilnehmen, ist geheim. Sogar jener Wissenscha­ftler, der eine (bisher nicht veröffentl­ichte) Studie darüber verfasst, bleibt ungenannt.

 ??  ?? Magomed Z. saß seine Haft ab und wurde danach sofort nach Russland abgeschobe­n
Magomed Z. saß seine Haft ab und wurde danach sofort nach Russland abgeschobe­n

Newspapers in German

Newspapers from Austria