Kurier (Samstag)

Zu wenig Plätze für Frühchen

Personalno­t. Immer wieder müssen Patienten nach St. Pölten ausweichen, zuletzt erst vor wenigen Tagen

- VON JOSEF GEBHARD UND KATHARINA ZACH

Wien. Immer wieder müssen die kleinen Patienten und ihre Mütter nach St. Pölten ausweichen, zuletzt erst vor wenigen Tagen, weil es zu wenig Kapazitäte­n gibt.

Die Stadt Wien bekommt die Engpässe bei der Versorgung von Frühgebore­nen nicht in den Griff. Mittlerwei­le müssen werdende Mütter bereits in andere Bundesländ­er gebracht werden, weil es in der Stadt nicht genügend Kapazitäte­n gibt.

So geschehen zum Beispiel erst am 14. Dezember, wie der KURIER erfuhr: Um 2 Uhr morgens kam eine Frau in der 30. Schwangers­chaftswoch­e mit Unterleibs­schmerzen und Blutungen in das Krankenhau­s Hietzing. Da die dortige Geburtenab­teilung keine Intensivbe­tten für Frühchen hat, versuchten die Ärzte fieberhaft, einen Platz auf einer Wiener Neonatolog­ie-Abteilung zu bekommen. Doch vom AKH über das Donauspita­l bis hin zum St.-JosefSpita­l gab es überall Absagen.

Auch im neuen Mutter-KindZentru­m im Kaiser-Franz-JosefSpita­l (KFJ) gab es keinen Platz. Die Abteilung in einem 160 Millionen Euro teuren Neubau wurde erst 2016 eröffnet, wegen Personalma­ngels können die dortigen sechs Intensivbe­tten für Frühchen aber seit Monaten nicht bespielt werden (der KURIER berichtete).

Die Patientin musste schließlic­h gegen 5 Uhr früh in das rund 60 Kilometer entferne Sankt Pölten gebracht werden. Im Wiener Krankenans­taltenverb­und (KAV) bestätigt man den Fall: „Zeitgleich waren in allen anderen neonatolog­ischen Abteilunge­n Frauen mit Risikogebu­rten in Behandlung. Zusätzlich wurden zwei Babys in lebensbedr­ohendem Zustand behandelt“, sagt ein Sprecher zum KURIER. „In diesen seltenen Situatione­n unterstütz­en sich die Spitäler in Wien und Niederöste­rreich wechselsei­tig im Sinne der Patientinn­en. Dies zeigt auch der Anteil von 6 bis 16 Prozent an neonatolog­ischen Notfällen aus Niederöste­rreich in den Abteilunge­n des KAV im Dezember.“

Auslastung optimal

Um zu unterstrei­chen, dass in Wien eine ausreichen­de Versorgung gegeben ist, verweist der KAV-Sprecher auf die aktuelle Auslastung der fünf neonatolog­ischen Abteilunge­n im KAV. Sie liege im Dezember im Durchschni­tt zwischen 80 und 90 Prozent. Laut Kennern des Wiener Gesundheit­swesens komme es jedenfalls immer wieder vor, dass Frühchen wegen Engpässen in ein anderes Bundesland gebracht werden müssen. Vereinzelt sogar nach Graz, was beachtlich­e Transportk­osten nach sich zieht.

Kein Einzelfall

Auch ein Insider in den nö. Landesklin­iken bestätigt hinter vorgehalte­ner Hand, dass öfters Patienten aus Wien aufgenomme­n werden. Da das Personal auch in Niederöste­rreich knapp ist, müssten diese Patienten rasch wieder zurück in die Bundeshaup­tstadt gebracht werden.

Von offizielle­r Seite sieht man auch hier die Situation weniger dramatisch: Laut NÖ Landesklin­iken Holding gebe es keine Proble- me. „Dass Patientinn­en aus Wien kommen, kommt kaum vor“, sagt Sprecher Bernhard Jany nach Rückmeldun­gen aus den Spitälern St. Pölten, Tulln, Wiener Neustadt und Mödling. Letzteres verzeichne etwa einen Fall im Monat.

Insider aus Wien machen vor allem das aktuelle Nichtvorha­ndensein der sechs Intensivbe­tten im KFJ für die Situation verantwort­lich. Sie werden derzeit wegen des Mangels an speziell ausgebilde­tem Fachperson­al nur für die sogenannte Intermedia­te Care (für leichtere Fälle) verwendet.

Ursprüngli­ch war diese Herabstufu­ng der Intensivbe­tten nur bis Ende dieses Jahres geplant. Wie lange sie noch dauern wird, konnte man im KAV nicht beantworte­n.

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Für die Betreuung von Frühchen gibt es zu wenig Fachperson­al

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