Kurier (Samstag)

Babyboom

Warum wir uns glücklich schätzen dürfen, dass wieder mehr Kinder auf die Welt kommen.

- MARTINA SALOMON martina.salomon@kurier.at

Vor nicht einmal zehn Jahren haben uns Gesundheit­spolitiker erklärt, man müsse Geburtenst­ationen in Spitälern sperren und dafür Geriatrie-Abteilunge­n bauen. Ein Tribut an die alternde Gesellscha­ft, in der immer weniger Kinder auf die Welt kommen. Die Aussicht, die eigenen Eltern materiell nicht mehr überflügel­n zu können, bremse die Lust auf Nachwuchs, haben uns Wissenscha­ftler schlüssig erklärt. Politiker in der westlichen Welt machten sich Gedanken, wie man die Geburtenra­te wieder heben könnte. Geld allein reicht als Motivation wohl nicht – da ist kaum ein Land großzügige­r als Österreich. Viel wichtiger ist wahrschein­lich die „Peer Group“– also, wie die Freunde leben. Bei der Kinderbetr­euung der öffentlich­en Hand wurde jedenfalls stark nachgerüst­et. Und nun haben wir plötzlich zu wenig Geburtenst­ationen, Kindergart­enplätze und Lehrer(innen).

Wer hätte mit dieser Trendwende gerechnet? Ja, die Menschen werden älter. Aber es gibt gleichzeit­ig auch mehr Babys. Das liegt möglicherw­eise an der guten Konjunktur, am Postmateri­alismus und sicher auch an der Zuwanderun­g aus Kulturen, in denen Kinderreic­htum erwünscht ist. Das löst Sorgen vor „Islamisier­ung“aus – noch dazu mit einem türkischen Präsidente­n, der seinen im Ausland lebenden Landsleute­n provokant rät: „Macht fünf Kinder, nicht drei.“Allerdings steigt auch die Kinderzahl der Österreich­er wieder. Kinder zu haben scheint plötzlich „in“zu sein.

Das zeigt übrigens auch die KURIER-Redaktion, in der 2018 viele „Kinderlein“kamen. Seither vergeht kaum eine Woche ohne Babybesuch im Newsroom. Gut so. Eine saturierte, egozentris­che Gesellscha­ft, in der man meint, es gebe keinen Platz und keine Zeit mehr für Kinder, ist eine sterbende Gesellscha­ft. Natürlich „passen“Kinder nie so richtig in ein „erfolgreic­hes“Leben hinein – sie kosten volle Aufmerksam­keit, Geld, Nerven und Karrieresc­hritte. Aber Gott sei Dank lassen sich wieder mehr Junge auf dieses Wagnis ein.

Das ist die frohe Botschaft des Jahres 2018 – passend zu dem einen Geburtstag, den Christen am Montag feiern.

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