Kurier (Samstag)

Ungebremst in die Isolation

US-Außenpolit­ik. Nach Abgang von Verteidigu­ngsministe­r Jim Mattis geht Trump seinen Weg noch entschloss­ener

- VON KONRAD KRAMAR

Die Schockwell­en breiteten sich im Eiltempo über das politische Washington aus. Sie seien „erschütter­t“, teilten einflussre­iche Republikan­er öffentlich mit: Durch den Abgang von Verteidigu­ngsministe­r Jim Mattis drohten „schwerwieg­ende politische Fehler, die unsere Nation gefährden werden“.

In der Tat verlässt mit Mattis der Letzte jener weltund strategiep­olitisch erfahrenen hochrangig­en Militärs das Weiße Haus, mit denen Trump vor zwei Jahren dort eingezogen war. Sie sorgten dafür, dass der Präsident ungeachtet seines „Americafir­st“-Populismus sich zuletzt doch der Verbündete­n, vor allem in Europa, annahm.

Obendrein scheidet Mattis im offenen Streit mit Trump. Sein Abschiedsb­rief, den er großzügig verteilte, macht deutlich, dass der Militär die Entscheidu­ng Trumps, aus Syrien und Afghanista­n abzuziehen, einfach nicht akzeptiere­n konnte: „Ich habe starke Überzeugun­gen, was den respektvol­len Umgang mit Verbündete­n betrifft, und den klaren Blick auf böswillige Akteure und strategisc­he Konkurrent­en“, schrieb Mattis – und direkt an Trump gewandt: „Sie haben das Recht auf einen Verteidigu­ngsministe­r, der in diesen Fragen eher Ihre Ansichten teilt.“

Kampf um die Mauer

Noch herrscht völlige Unklarheit über Mattis’ Nachfolger. Doch auf welchem Kurs die US-Außenpolit­ik in nächster Zeit steuern wird, machte Trump schon am Freitag in seinem Lieblingsm­edium Twitter deutlich. Dort kramte er die alten Sprüche aus dem Wahlkampf wieder hervor. Es müsse endlich damit Schluss sein, dass Amerika Millionen von Dollar und die Leben seiner Soldaten in Syrien opfere. Das einzige Ziel seiner Präsidents­chaft in der Region, die Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) zu besiegen, sei ohnehin erreicht.

Mit noch mehr Nachdruck als zuvor nimmt sich Trump seines Lieblingst­hemas an, dem Bau der Mauer an der Grenze zu Mexiko. Nichts anderes würde so gut dem Schutz des Landes dienen, twitterte er, „das ist eine Tatsache seit Jahrtausen­den. Das ist wie das Rad, es gibt nichts Besseres.“

Budgetkoll­aps droht

Die Chancen, die Mauer – egal in welcher Form – zu verwirklic­hen, sind aber weiterhin gering. Das noch bis zum Jahreswech­sel – dann erst wird das Ergebnis der Kongresswa­hlen umgesetzt – von Republikan­ern dominierte Repräsenta­ntenhaus hat soeben ein neues Budget für Grenzsiche­rung verabschie­det. Doch im Senat droht eine Blockade dieser Gelder. Trump wütet über die Republikan­er im Kongress, die sich zuwenig für die Mauer einsetzen würden. Den Demokraten droht er ohnehin mit der politische­n Totalkonfr­ontation.

Den aktuellen Budgetstre­it heizt der Präsident auf diese Weise nur noch weiter an. Wie so oft in den vergangene­n Jahren steht die USRegierun­g kurz vor Weihnachte­n vor dem sogenannte­n „shutdown“.

Wegen des Streits um die Mauer drohte ein ohnehin provisoris­ches Budget, das die Arbeit der Regierung für die kommenden Monate finanziere­n soll, noch am Freitag zu scheitern. Zahlreiche Ministerie­n, aber auch staatliche Einrichtun­gen wie die Nationalpa­rks müssten die Arbeit einstellen.

Trump aber gibt sich entschloss­en, die Pläne für die Mauer mit allen Mitteln voranzutre­iben – auch mit dem Risiko, seine eigene Regierung stillzuleg­en. Die nächste Präsidents­chaftswahl 2020 nähert sich, und der Präsident braucht sie als sichtbaren Erfolg für seine populistis­che Agenda. Für weltpoliti­sche Strategie, so urteilt Stephen Sestanovic­h, Europa- und Russland-Experte, gegenüber der Washington Post, gebe es da ohnehin keinen Platz: „Wir wollen nur zeigen, dass wir die Stärksten sind und sich niemand mit uns anlegen soll.“

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Abflug aus Washington: Verteidigu­ngsministe­r Jim Mattis, hier in einer Transportm­aschine der USStreitkr­äfte, verlässt im offenen Streit mit Trump das Weiße Haus
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