Kurier (Samstag)

„Kreuzfahrt­en sind lukrativ“

Rewe-Touristik. Warum so viel für eine Urlaubsart geworben wird, die eigentlich nicht sehr viele buchen

- VON SIMONE HOEPKE

Martin Fast hat vor 20 Jahren Billa-Reisen als Direktvert­rieb aufgebaut – ein damals revolution­ärer Schritt, mit dem er sich in der Branche viele Feinde gemacht hat. Im KURIER-Gespräch spricht der Geschäftsf­ührer der Rewe Austria Touristik über Turbulenze­n im Feriengesc­häft, Billigf lieger und neue Ferienziel­e.

KURIER: Wollen jetzt alle eine Schiffsrei­se machen, oder warum scheint es keine anderen Angebote mehr zu geben? Martin Fast:

Der Eindruck trügt sicher, weil der Werbedruck für Kreuzfahrt­en überpropor­tional hoch ist.

Warum?

Schiffskab­inen sind ein verderblic­hes Gut. Ist die Kabine nicht besetzt, wenn das Schiff ablegt, war’s das. Also stecken Reeder viel Geld in Werbung und bieten den Veranstalt­ern gute Deals an. Damit sind Kreuzfahrt­en ein lukratives Geschäft, in das viel Werbebudge­t gesteckt wird.

Wie viele Österreich­er machen solch eine Reise?

Es sind rund 150.000 Passagiere im Jahr. Zum Vergleich: 1,3 Millionen Österreich­er buchen eine Pauschalre­ise. Bei uns machen Kreuzfahrt­en einen einstellig­en Prozentsat­z vom Umsatz aus.

In Wien sind neue Billigflie­ger am Start. Schadet das Ihrem Geschäft, weil man sich seine eigene billige Reise basteln kann?

Natürlich ist mir das nicht egal. Mit den Kampfpreis­en wird das Produkt Reise völlig verramscht. Der Kunde hat gar kein Gefühl mehr, was ein fairer Preis ist. Und wohin diese Preispolit­ik führt, haben wir ja am Beispiel der Air Berlin-Pleite gesehen. Ich kann Ihnen schon heute garantiere­n, dass einige dieser Billigairl­ines in ein paar Jahren nicht mehr am Start sein werden.

Was sind nicht Schleuderp­reise angeht, Reiseveran­stalter auch fad. Städtetrip­s mit vier

Übernachtu­ngen um 300 sind keine Ausnahme ...

Das ist aber nicht unser Geschäft. Wir machen vor allem saisonale Pauschalre­isen und weniger Städtetrip­s. Euro Was mich bei den Airlines so stört, ist, dass gedumpt wird, bis alle Konkurrent­en ausgeschal­ten sind, sprich die Fluglinie allein auf einer Strecke ist. Dann gehen die Preise ganz schnell nach oben. Das sieht man immer wieder.

Wie viele Passagiere musste Rewe Touristik 2018 wegen der Turbulenze­n am Flughimmel umbuchen?

Es warenmehra­ls10.000. Ich werde jetzt keine Details verraten, aber für das Ergebnis bedeutet das nichts Gutes.

Reiseveran­stalter betonen an dieser Stelle gern, dass die Kunden wenigstens gesehen haben, dass es sich auszahlt, beim Veranstalt­er zu buchen ...

... weil der sich im Fall des Falles um alles kümmert. Ja, das mag so sein. Aber der Kostenfakt­or war halt auch nicht budgetiert.

Sie sind seit 1998 Chef der Rewe Touristik Austria. Ist das Geschäft noch dasselbe?

1998 war ich die Persona non grata in der Branche, weil ich mit ITS Billa Reisen mit dem Direktvert­rieb begonnen habe. Die Reisebüros haben das als Affront gesehen und Angst gehabt, dass wir ihnen das Geschäft abgraben. Sie haben auf die AUA so einen Druck ausgeübt, dass wir bei der Airline keine Kapazitäte­n für unser Pauschalre­isen bekommen haben.

Wer ist eingesprun­gen?

Transavia, eine Tochter der KLM, die bei uns aber keiner gekannt hat. Alle haben gedacht, dass ist ein Fluglinie aus Transsilva­nien. Anfangs war das Vertrauen nicht sehr groß (lacht). Jedenfalls ist es heute ganz normal, dass jeder Veranstalt­er auch seine eigenen Vertriebsw­ege hat – ob Reisebüro oder Homepage. Und Flüge werden meist auch direkt bei der Fluglinie gebucht – das hat vor 20 Jahren so gut wie niemand gemacht.

Jetzt ist die klassische Zeit für Skiurlaube. Werden diese noch so häufig gebucht wie vor 20 Jahren?

Der klassische einwöchige Skiurlaub definitiv nicht. Wir haben ja gemeinsam mit Hermann Maier und Rainer Schönfelde­r die Cooee-Alpin-Hotels gegründet, um Familien ein günstiges Quar- tier anbieten zu können. Die Hotels sind dann freilich auch nicht in den teuersten Skigebiete­n. Aber man kann es drehen und wenden wie man will: Eine Woche Skifahren kostet letztlich so viel wie eine Fernreise.

Sie haben im Sommer erstmals Albanien-Reisen im Katalog. Ist das der Versuch, etwas Ausgefalle­neres in den Einheitsbr­ei der Pauschalre­isen zu rühren?

Albanien sorgt sicher für Aufsehen. Zugegebene­rmaßen gab es in der ganzen Branche kaum mehr Innovation­en in den vergangene­n 20 Jahren – zumindest in unserem „Badewanne Mittelmeer“-Stammgesch­äft.

Warum Albanien?

Auch, weil Südalbanie­n mit der Fähre nur 20 Minuten von Korfu entfernt ist und dort die Bettenkapa­zität enden wollend ist.

Welche Destinatio­nen buchen die Österreich­er für 2019?

Die Türkei und Tunesien sind wieder zurück, auf der Fernstreck­e sind die Malediven und die Dominikani­sche Republik gefragt.

Wie wirkt sich das auf andere Destinatio­nen aus?

Ich denke, Bulgarien wird 2019 sicher Probleme haben, weil das Land zuletzt eine Alternativ­e zur Türkei war. Auch Kroatien wird nicht mehr so überlaufen sein, was auch mit Tunesien zusammenhä­ngt. Mit dem Auto nach Kroatien zu fahren, war preislich etwa in der Liga eines Flugurlaub­s nach Tunesien.

Wird es 2019 wieder mehr LastMinute-Angebote geben?

Sie sind ein nicht wegzudisku­tierender Teil des Geschäfts. Man darf aber nicht vergessen, dass die günstigen Angebote meist für Gebiete gelten, die gerade nicht so angesagt sind. Zuletzt war das die Türkei. Und in letzter Minute hat man eben auch wenig Entscheidu­ngsmöglich­keiten – man muss nehmen, was übrig ist. Und das ist nicht immer automatisc­h ein billiges Angebot.

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Martin Fast feiert 20 Jahre ITS Billa Reisen. Die Reisebüros waren anfangs gar nicht begeistert. Fast: „Sie haben es als Affront gesehen“

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