Weihnachten für alle im Haus Neubau: „Ich bin zwar allein, aber nicht einsam“
Im Haus Neubau kommt das Christkind zwei Mal: Rund eine Woche vor dem Heiligen Abend veranstaltete die Hausgemeinschaft ein internes Fest, am 24. Dezember sind auch Senioren von außerhalb willkommen (siehe Kasten). „Eine große Feier macht den Anfang und auch am Heiligen Abend muss niemand einsam sein. So kann man sorglos alt werden“, sagt Bewohnerin Elfriede Becker.
Die 87-Jährige lebt seit sieben Jahren in der Schottenfeldgasse. Eingezogen ist sie gemeinsam mit ihrem Mann. „Aber nach 14 Tagen ist er gestorben.“Kinder oder sonstige nahe Verwandte hat Becker nicht. Sie verbringt den Heiligen Abend daher im Wohnhaus. So wie Becker haben rund 80 der 266 Bewohner des Hauses keine Angehörigen mehr. Dass ältere Menschen nicht im Kreis der Familie feiern, habe aber auch andere Gründe, sagt Gabriele Graumann, Geschäftsführe-
Seniorenheim.
rin des Kuratoriums Wiener Pensionisten-Wohnhäuser. Es gebe etwa mehr Scheidungen, mehr Zerwürfnisse und mehr Brüche in Lebensläufen. Das Altwerden an sich spiele ebenfalls hinein, sagt sie. „Altern hat viele Gesichter – nicht nur freundliche.“
Manche Senioren verbringen den Heiligen Abend aber auch ganz bewusst im Haus Neubau – so wie Johanna Micheler. Zwar leben ihre drei Kinder in Wien, aber: „Die brauchen auch einmal ihre Ruhe. Wir treffen uns am 25.“
Würstel zum Festmahl
Am Heiligen Abend steht die 80-Jährige lieber im Haus Neubau auf der Bühne. „Wir lesen Geschichten und Gedichte für die Leute, die nicht nach Hause können.“Zum Abschluss werde „Stille Nacht“gesungen, dann gebe es Punsch und Kekse. Satt ist Micheler dann aber noch nicht – die Aufregung mache hungrig. Sie koche sich dann Würstel und Sauerkraut – wie es in ihrer früheren Heimat Kärnten Tradition sei.
Ob sich die beiden Damen zu Weihnachten trotzdem manchmal etwas verlassen fühlen? „Nein, wir sind ja eh so viele im Haus“, sagt Micheler. Becker pflichtet ihr bei: „Ich bin zwar allein, aber nicht einsam.“