Kurier (Samstag)

Mikl-Leitner: Lehre kein Grund für Asyl

Landeshaup­tfrau gegen Anschober-Initiative

- VON MARTIN GEBHART

Interview. „Recht muss Recht bleiben und konsequent umgesetzt werden.“Niederöste­rreichs Landeshaup­tfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ist nicht dafür, dass eine Lehre einen jungen Asylwerber automatisc­h vor der Abschiebun­g bewahrt, wie es die Initiative „Ausbildung statt Abschiebun­g“des oberösterr­eichischen Landesrate­s Rudi Anschober (Grüne) vorsieht. Dieser Initiative hat sich zuletzt auch MiklLeitne­rs Vorgänger in NÖ, Erwin Pröll, angeschlos­sen.

Für Mikl-Leitner ist dessen Ansicht zwar „menschlich nachvollzi­ehbar“, aber so ein Vorgehen mache den Staat „unglaubwür­dig“. Im Asyl-Konflikt zwischen FPÖ und Caritas fordert sie einen „respektvol­leren Umgang“ein.

KURIER: Das Jahr hat mit heftigen Wortgefech­ten zum Thema Asyl zwischen der FPÖ und der Caritas begonnen. Wie bewerten Sie diesen Konflikt?

Johanna Mikl-Leitner: Es braucht einen respektvol­len Umgang zwischen der Politik und den NGOs wie eben der Caritas. Da ist eine Abrüstung der Worte notwendig, so wie das auch in vielen anderen Bereichen der Gesellscha­ft gut tun würde. Respektvol­l, das gilt für beide Seiten? Ja.

Beim Thema Asyl hat zuletzt auch ihr Vorgänger als Landeshaup­tmann, Erwin Pröll, für Aufsehen gesorgt, weil er die Initiative „Ausbildung statt Abschiebun­g“des oberösterr­eichischen Grünen-Landesrate­s Rudi Anschober unterstütz­t. Sollen Asylwerber, die eine Lehre begonnen haben, nicht abgeschobe­n werden? Sind Sie auch der Meinung von Erwin Pröll?

Diese Ansicht ist menschlich nachvollzi­ehbar. Es geht aber auch um die Glaubwürdi­gkeit unseres Rechtsstaa­ts. An meiner Position hat sich daher nichts geändert. Recht muss Recht bleiben und auch konsequent umgesetzt werden. Es braucht hier eine klare Trennung zwischen Asylrecht und der qualifizie­rten Zuwanderun­g. Im Asylrecht wird entschiede­n, ob jemand bleiben kann oder das Land verlassen muss. Und das ist zu vollziehen. Es kann nicht sein, dass eine Lehre als Hintertür genutzt wird, wenn rechtsstaa­tlich festgestel­lt wurde, dass es keinen Asylgrund gibt. So wird der Staat unglaubwür­dig, vor allem gegenüber unseren Landsleute­n.

In Niederöste­rreich waren Sie im Asylbereic­h vor allem wegen FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl gefordert. Zuletzt mussten Sie wegen der geplanten Asylunterk­unft für Unbegleite­te Minderjähr­ige in Drasenhofe­n eingreifen. Die eine Seite fordert seinen Rücktritt, andere sehen gerade in ihm den richtigen Mann.

Nicht jede Aussage des Herrn Waldhäusl macht mich glücklich. Aber mir ist wichtig, dass wir unser Arbeitsübe­reinkommen abarbeiten, dass wir den Weg des Miteinande­rs pflegen. Ich erwarte aber von ihm, dass er diesen Transforma­tionsproze­ss vom Opposition­spolitiker zumRegieru­ngspolitik­er bald einmal abgeschlos­sen hat. Mit seiner Vorgangswe­ise in Drasenhofe­n hat er bewusst provoziert, worauf es ja deutliche Worte von mir gab. Wegen der Schließung der Unterkunft in Drasenhofe­n wurde Sie nun von FPÖ-Klubobmann Udo Landbauer scharf kritisiert. Er spricht von einer Fehlentsch­eidung.

Wir leben in einem Rechtsstaa­t. Und Drasenhofe­n entsprach nicht den gesetzlich­en Vorgaben. Gerade Politiker sollten den Prinzipien Recht und Ordnung folgen. Wenn Herr Landbauer das anders sieht, bestätigt mich das nur in meiner Haltung, dass er für eine Zusammenar­beit in der Landesregi­erung nicht geeignet ist. Die „Mindestsic­herung neu“ist bereits in der Begutachtu­ngsphase. Ihr SPÖ-Landeshaup­tmannkolle­ge Peter Kaiser will das Thema aber wieder neu aufrollen. Wie steht Niederöste­rreich zu Regierungs­vorschlag?

Wir begrüßen den Entwurf der Bundesregi­erung, weil er unsere Bedingunge­n erfüllt: eine bundeseinh­eitliche Regelung, die klare Differenzi­erung zwischen Erwerbstät­igkeit und der Mindestsic­herung, das BonusModel­l für entspreche­nde Deutsch-Kenntnisse im Integratio­nsbereich und die Flexibilit­ät bei Wohnzuschü­ssen.

Die Bundesregi­erung zieht sich zu einer Klausur zurück. Was erwarten Sie sich davon?

Es braucht jetzt eine Steuerrefo­rm, die ihren Namen verdient. Der Wirtschaft­smotor läuft auf Hochtouren, und der Staat profitiert davon massiv. Es geht darum, die kleinen und mittleren Einkommens­bezieher zu entlasten. Sprich, die ersten drei Steuerstuf­en. Es muss aber auch die Körperscha­ftssteuer reduziert werden, denn so werden Mittel frei, um diese wieder in den Betrieben zu investiere­n.

Die EU-Wahl steht vor der Tür. Welchen Weg verfolgt da die niederöste­rreichisch­e ÖVP?

Die EU-Wahl halte ich für eine ganz wichtige Entscheidu­ng, weil es darum geht, die konstrukti­ven Kräfte in Europa zu stärken. Wir als Volksparte­i sind die Kraft eines starken gemeinsame­n Europa. Bezüglich der Kandidaten sind wir als ÖVP in der glückliche­n Lage, sehr viele geeignete Personen dafür zu haben.

Zuletzt wurde bei der Kandidaten­findung vor allem über Othmar Karas diskutiert. Wie sehen Sie seine Rolle?

Nachdem es eine gemeinsame EU-Liste der Volksparte­i geben wird, wird diese Persönlich­keit auch ein Teil der Diskussion sein. Es zählen die Vorzugssti­mmen.

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Johanna Mikl-Leitner für türkis-blaues Modell der Mindestsic­herung

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