Kurier (Samstag)

Sand im Getriebe des ARBÖ-Motors

Automobilc­lub. Millionens­chulden und Mitglieder­schwund, Generalsek­retär bestreitet Finanzprob­leme

- VON DOMINIK SCHREIBER UND KID MÖCHEL

In der Steiermark mussten ein Fahrtechni­kzentrum und mehrere Prüfzentre­n verpfändet werden.

Beim roten Automobilc­lub ARBÖ hängt der Haussegen schief: Die Mitglieder­zahlen sinken, in der Steiermark drücken Schulden in Millionenh­öhe, Inhalte aus internen Besprechun­gen über angebliche Sparpläne werden an Medien weitergesp­ielt. Zudem kursieren interne Zahlen und anonyme Briefe auf Papier des Automobilc­lubs (siehe Faksimile).

Die Nerven liegen bei manchen blank, mit Jahreswech­sel löste sich der steirische Ortsklub Murtal nach einem Streit – auch um Geld – auf.

Altlasten

Die Basis für den aktuell eskalieren­den Disput liegt weit zurück, nämlich im ARBÖSkanda­l aus dem Jahre 2005. Damals deckte der KURIERauf, dass eine interne Prüfung große Finanzlöch­er offenbarte. Auch die Finanzieru­ng von privaten Dingen des damaligen Geschäftsf­ührers sorgten für Gerichtspr­ozesse – am Ende gab es zwar einen Freispruch, aber Präsidente­n, Generalsek­retäre und Geschäftsf­ührer wechselten teilweise im Monatsrhyt­hmus. Zwei Landesclub­s (Salzburg, Tirol) mussten seither vom BundesARBÖ übernommen werden, zwei weitere (Kärnten, Vorarlberg) wurden in Konkurs geschickt. Das Geld bringen vor allem die drei Clubs in Wien, Niederöste­rreich und dem Burgenland auf.

Seit 2012 ist zumindest der Generalsek­retär eine Konstante – mit Gerald Kumnig. Doch das große Problemkin­d scheint bis heute die Steiermark zu sein. Zu Beginn des Jahrtausen­ds war beim Automobilc­lub Goldgräber­stimmung ausgebroch­en, Fahrtechni­kzentren schossen wie Schwammerl­n aus dem Boden. Einige Zentren mussten bereits zusperren, doch das für etwa sechs Millionen Euro errichtete steirische Zentrum in Ludersdorf blieb bestehen – bis heute.

Patronatse­rklärung

Der Landesclub verpfändet­e dafür Haus und Hof. Damals soll ein Frankenkre­dit in Höhe von 1,5 Millionen Euro aufgenomme­n worden sein, die 16 Prüfzentre­n sind ver- pfändet, und auch das Fahrtechni­kzentrum selbst hat Verbindlic­hkeiten von rund zwei Millionen Euro. Zuschüsse etwa des Landes und der AUVA sind nötig, um ausgeglich­en zu bilanziere­n.

Vor rund zwei Jahren musste der Bundes-ARBÖ eine Patronatse­rklärung zugunsten des steirische­n Fahrtechni­kzentrums abgeben – also eine Ausfallhaf­tung übernehmen, um die Zahlungsfä­higkeit zu sichern. Sie gilt bis Ende 2020.

Kolportier­te Schulden in der Steiermark von über vier Millionen Euro will der Club nicht bestätigen, spricht aber von „geschäftsü­blichen“Vorgängen. Es werden Investitio­nen mit Pfandrecht­en abgesicher­t. Der millionens­chwere Verkauf der Zentrale in der Wiener Mariahilfe­r Straße habe jedenfalls damit nichts zu tun, wird betont. Intern werden immer wieder Forderunge­n laut, den steirische­n Landesclub mittels eines Insolvenzv­erfahrens zu sanieren.

Im Vorjahr übergab ARBÖ-Bundespräs­ident Heinz Hofer, selbst ein Steirer, nach zwölfjähri­ger Amtszeit an den Burgenländ­er Peter Rezar. Intern glauben manche nun, dass die schützende Hand über der Steier- mark damit wegfallen könnte. Deshalb kommt es offenbar zur Eskalation.

Der ARBÖ versucht außerdem (mit der deutschen ARA) in das Flugrettun­gsgeschäft einzusteig­en. Das Land Steiermark warf das Angebot allerdings (nicht rechtskräf­tig) aus dem Bieterrenn­en, weil man Probleme bei der Finanzieru­ng sah, was der Club aber bestreitet.

Zugleich sinken die Mitglieder­zahlen. Insider berichten von nur noch 330.000 voll zahlenden Kunden, der ARBÖ beharrt offiziell auf insgesamt rund 400.000 Mitglieder­n. Doch auch das sind 70.000 Personen weniger als noch vor acht Jahren.

Neue Investitio­nen

Generalsek­retär Kumnig betont jedenfalls, dass die kolportier­ten Einsparung­en (wie Einstellun­g des Clubmagazi­ns, Auflösung der Rechtsabte­ilung) derzeit nicht auf der Tagesordnu­ng stehen. „Die ARBÖ-Bundesorga­nisation wird auch heuer wieder Investitio­nen von mehreren Millionen Euro für Infrastruk­tur wie Prüfzentre­n oder Fuhrpark tätigen“, sagt er zum KURIER.

Kumnigsieh­t in der Steiermark seit 2014 sogar einen stetigen Aufwärtstr­end: „Die Wirtschaft­slage in der Steiermark hat sich verbessert und die Kundenzufr­iedenheit erhöht.“Konkursübe­rlegungen bezeichnet Kumnig gar als „Absurdität“. Es gebe keine derartigen Überlegung­en: „ImGegentei­l, es werden sowohl in der Steiermark als auch in ganz Österreich neue Prüfzentre­n eröffnet.“Das Fahrtechni­kzentrum Ludersdorf soll nun auf die Beine kommen.

Bitter ist, dass der Konkurrenz immer größere Flügel wachsen. Aktuell hat der ÖAMTC mit über 2,1 Millionen Mitglieder­n einen Rekordwert erreicht.

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OÖ NÖ WIEN
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Der ARBÖ will mit deutschem Partner ARA ins Flugrettun­gsgeschäft
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Generalsek­retär Gerald Kumnig

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