Sand im Getriebe des ARBÖ-Motors
Automobilclub. Millionenschulden und Mitgliederschwund, Generalsekretär bestreitet Finanzprobleme
In der Steiermark mussten ein Fahrtechnikzentrum und mehrere Prüfzentren verpfändet werden.
Beim roten Automobilclub ARBÖ hängt der Haussegen schief: Die Mitgliederzahlen sinken, in der Steiermark drücken Schulden in Millionenhöhe, Inhalte aus internen Besprechungen über angebliche Sparpläne werden an Medien weitergespielt. Zudem kursieren interne Zahlen und anonyme Briefe auf Papier des Automobilclubs (siehe Faksimile).
Die Nerven liegen bei manchen blank, mit Jahreswechsel löste sich der steirische Ortsklub Murtal nach einem Streit – auch um Geld – auf.
Altlasten
Die Basis für den aktuell eskalierenden Disput liegt weit zurück, nämlich im ARBÖSkandal aus dem Jahre 2005. Damals deckte der KURIERauf, dass eine interne Prüfung große Finanzlöcher offenbarte. Auch die Finanzierung von privaten Dingen des damaligen Geschäftsführers sorgten für Gerichtsprozesse – am Ende gab es zwar einen Freispruch, aber Präsidenten, Generalsekretäre und Geschäftsführer wechselten teilweise im Monatsrhythmus. Zwei Landesclubs (Salzburg, Tirol) mussten seither vom BundesARBÖ übernommen werden, zwei weitere (Kärnten, Vorarlberg) wurden in Konkurs geschickt. Das Geld bringen vor allem die drei Clubs in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland auf.
Seit 2012 ist zumindest der Generalsekretär eine Konstante – mit Gerald Kumnig. Doch das große Problemkind scheint bis heute die Steiermark zu sein. Zu Beginn des Jahrtausends war beim Automobilclub Goldgräberstimmung ausgebrochen, Fahrtechnikzentren schossen wie Schwammerln aus dem Boden. Einige Zentren mussten bereits zusperren, doch das für etwa sechs Millionen Euro errichtete steirische Zentrum in Ludersdorf blieb bestehen – bis heute.
Patronatserklärung
Der Landesclub verpfändete dafür Haus und Hof. Damals soll ein Frankenkredit in Höhe von 1,5 Millionen Euro aufgenommen worden sein, die 16 Prüfzentren sind ver- pfändet, und auch das Fahrtechnikzentrum selbst hat Verbindlichkeiten von rund zwei Millionen Euro. Zuschüsse etwa des Landes und der AUVA sind nötig, um ausgeglichen zu bilanzieren.
Vor rund zwei Jahren musste der Bundes-ARBÖ eine Patronatserklärung zugunsten des steirischen Fahrtechnikzentrums abgeben – also eine Ausfallhaftung übernehmen, um die Zahlungsfähigkeit zu sichern. Sie gilt bis Ende 2020.
Kolportierte Schulden in der Steiermark von über vier Millionen Euro will der Club nicht bestätigen, spricht aber von „geschäftsüblichen“Vorgängen. Es werden Investitionen mit Pfandrechten abgesichert. Der millionenschwere Verkauf der Zentrale in der Wiener Mariahilfer Straße habe jedenfalls damit nichts zu tun, wird betont. Intern werden immer wieder Forderungen laut, den steirischen Landesclub mittels eines Insolvenzverfahrens zu sanieren.
Im Vorjahr übergab ARBÖ-Bundespräsident Heinz Hofer, selbst ein Steirer, nach zwölfjähriger Amtszeit an den Burgenländer Peter Rezar. Intern glauben manche nun, dass die schützende Hand über der Steier- mark damit wegfallen könnte. Deshalb kommt es offenbar zur Eskalation.
Der ARBÖ versucht außerdem (mit der deutschen ARA) in das Flugrettungsgeschäft einzusteigen. Das Land Steiermark warf das Angebot allerdings (nicht rechtskräftig) aus dem Bieterrennen, weil man Probleme bei der Finanzierung sah, was der Club aber bestreitet.
Zugleich sinken die Mitgliederzahlen. Insider berichten von nur noch 330.000 voll zahlenden Kunden, der ARBÖ beharrt offiziell auf insgesamt rund 400.000 Mitgliedern. Doch auch das sind 70.000 Personen weniger als noch vor acht Jahren.
Neue Investitionen
Generalsekretär Kumnig betont jedenfalls, dass die kolportierten Einsparungen (wie Einstellung des Clubmagazins, Auflösung der Rechtsabteilung) derzeit nicht auf der Tagesordnung stehen. „Die ARBÖ-Bundesorganisation wird auch heuer wieder Investitionen von mehreren Millionen Euro für Infrastruktur wie Prüfzentren oder Fuhrpark tätigen“, sagt er zum KURIER.
Kumnigsieht in der Steiermark seit 2014 sogar einen stetigen Aufwärtstrend: „Die Wirtschaftslage in der Steiermark hat sich verbessert und die Kundenzufriedenheit erhöht.“Konkursüberlegungen bezeichnet Kumnig gar als „Absurdität“. Es gebe keine derartigen Überlegungen: „ImGegenteil, es werden sowohl in der Steiermark als auch in ganz Österreich neue Prüfzentren eröffnet.“Das Fahrtechnikzentrum Ludersdorf soll nun auf die Beine kommen.
Bitter ist, dass der Konkurrenz immer größere Flügel wachsen. Aktuell hat der ÖAMTC mit über 2,1 Millionen Mitgliedern einen Rekordwert erreicht.