Kurier (Samstag)

Wien wächst langsamer

Wien nähert sich der Zwei-Millionen-Marke. Der Zuwachs ist mit Herausford­erungen verbunden.

- VON STEFANIE RACHBAUER UND CHRISTOPH SCHWARZ

Während die Zuwanderun­g an Bedeutung verliert, hält der Babyboom in der Bundeshaup­tstadt an. 2027 soll die Zwei-MillionenM­arke erreicht sein.

Wien wächst – aber nicht so stark wie früher. Ende 2018 lebten laut vorläufige­n Zahlen der zuständige­n MA 23 rund 1,89 Millionen Personen in der Bundeshaup­tstadt. Das entspricht einem Anstieg von 11.000 Einwohnern (0,5 Prozent) gegenüber 2017. Der KURIER erklärt, welche Trends die Daten im Detail zeigen und was sie bedeuten.

– Kindergärt­en und Schulen müssen weiter ausgebaut werden: So viele Babys wie zuletzt in der Nachkriegs­zeit.

In den vergangene­n 15 Jahren beruhte das Wachstum sehr stark auf Zuzug aus dem Ausland: Bis zu 90 Prozent der Zuwächse waren auf Einwandere­r zurückzufü­hren, lediglich zehn Prozent auf die Geburtenbi­lanz. Seit etwa zwei Jahren nimmt die Bedeutung der Geburten wieder zu. 2018 waren sie für 36 Prozent des Wachstums verantwort­lich. Die Anzahl der Neugeboren­en war mit 19.900 so hoch wie zu Zeiten des Babybooms der Nachkriegs­zeit. Die MA 23 rechnet damit, dass die Wienerinne­n in Zukunft rund 1,4 Kinder zur Welt bringen werden – ein Wert, der seit den 1970ern stabil ist.

– Die Integratio­n bleibt zentral: Viele Arbeitsmig­ranten aus der EU.

Die starke Einwanderu­ng von Geflüchtet­en aus Syrien, Afghanista­n, Iran undIrak war 2018 wieder auf dem Niveau von vor 2014. Dennoch gingen 64 Prozent des Bevölkerun­gswachstum­s auf den Zuzug aus dem Ausland zurück. Serben, Rumänen und Deutsche sind die drei stärksten Zuwanderer­gruppen (siehe Grafik). Klemens Himpele, Leiter der MA 23, geht davon aus, dass es sich bei ihnen vor allem um Bildungs- und Arbeitsmig­ranten handelt. Generell sei es entscheide­nd, Zuwanderer beruflich zu integriere­n. „Es geht darum, Qualifizie­rungsangeb­ote zu machen und die Personen produktiv für den Arbeitsmar­kt zu machen. Hier zu sparen, wäre fatal“, betont er.

– Herausford­erung für die Pflege: Die Zahl der ganz Alten verdoppelt sich.

Wien bleibt mit einem Durchschni­ttsalter von 43,3 Jahren bis zum Ende des Prognoseze­itraums 2048 das jüngste Bundesland. Jedoch: Die Gruppe der Senioren wächst. Die Zahl der sogenannte­n Hochbetagt­en – das sind Menschen über 80 – steigt rasant: Sie wird sich in den kommenden zehn Jahren verdoppeln. Das ist die Auswirkung des Babybooms der 1930er.

Insgesamt wird der Anteil der Pensionist­en rasch größer: Im Vorjahr waren 16,5 Prozent der Wiener über 65 Jahre alt. In 30 Jahren werden es 21,6 Prozent sein. „Man wird sich die Frage stellen müssen, wer die Pflege übernimmt“, sagt Himpele.

– Mehr Bedeutung für Außenbezir­ke: Sie wachsen weiter.

Im langjährig­en Vergleich wachsen zwar alle Bezirke. (Außer der erste Bezirk, der aber kein klassische­r Wohnbezirk ist.) 2018 sank die Bevölkerun­gszahl aber in mehreren Innenstadt-Bezirken, während die Flächenbez­irke wuchsen. Mitgrund: Die Wiener zogen in Stadtentwi­cklungsgeb­iete in der Peripherie. Die Politik wird ihren Fokus stärker auf Außenbezir­ke legen müssen. Nicht selten fühlen sich Bewohner dort alleine gelassen – Stichwort: schlechte Öffis, massiver Wohnbau. Zu spüren bekam das etwa die SPÖ, die bei den jüngsten Wahlen in den Flächenbez­irken besonders (mit der FPÖ) zu kämpfen hatte.

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