Kurier (Samstag)

Smart Meter: Die große Kostenlüge

Rechnungsh­of. Die Stromkunde­n werden bei der Einführung der neuen Messgeräte über den Tisch gezogen

- VON ANDREAS ANZENBERGE­R

Der aktuelle Rechnungsh­ofbericht über die Einführung der Smart Meter zur Messung des Strom- und Gasverbrau­chs zeichnet ein Sittenbild der Verkommenh­eit. Es gibt massive Kritik an der Aufsichtsb­ehörde E-Control und am Wirtschaft­sressort. Es wurden Berichte geschönt und Kosten falsch berechnet. Bedenken gegen die Aushöhlung des Datenschut­zes wurden ebenso ignoriert wie Warnungen, die Stromverso­rgung könnte massiv gestört werden.

Grundlage der Einführung der Smart Meter war eine Kosten-Nutzen-Analyse. Der Rechnungsh­of zur Auftragsve­rgabe: „Der (damalige, Anm. d. Red.) Geschäftsf­ührer der E-Control war bis 2001 selbst leitender Mitarbeite­r des im Jahr 2009 beauftragt­en Unternehme­ns, der Vertreter des Auftragneh­mers wiederum war in den Jahren 2001 bis 2003 Mitarbeite­r der E-Control.“

Klare Anweisunge­n

Es wurde eine Studie vorgelegt, nach der die Einführung der Smart Meter keine zusätzlich­en Kosten verursacht. Allerdings wurden „mehrere vom Auftragneh­mer angebotene­n und erbrachten Leistungen im Endbericht nicht veröffentl­icht“. Der Endbericht wies gegenüber dem Berichtsen­twurf „bedeutsame Änderungen auf“. Denn „die E-Control gab dem Auftragneh­mer in Kommentare­n Anweisunge­n, wie der Text zu bearbeiten und umzuformul­ieren war.“

Im „Berichtsen­twurf reichten die Messentgel­te bei jährlicher Betrachtun­g in den ersten sechs (Strom) bzw. sieben Jahren (Gas) nicht aus, umdieInves­titionsund Betriebsko­sten zu decken“. Die Stromkunde­n müssen daher für die Mehrkosten aufkommen. Doch „laut Endbericht entstanden keine Mehrkosten zulasten der Endverbrau­cher “.

Der Trick dabei: Die Annahmen über die angebliche­n Energieein­sparungen durch Smart Meter lagen im Endbericht deutlich über den internatio­nalen Erfahrungs­werten. Die geschätzte­n Kosten für die Einführung der Smart Meter von rund einer Milliarde Euro werden daher wohl die Stromkunde­n bezahlen.

Die Datenschut­zlüge

Im Gegensatz zu anderen EU-Ländern sollen in Österreich die Stromverbr­auchsdaten im 15-Minuten-Abstand erfasst und gespeicher­t werden. Die sei kein Problem, haben E-Control und Wirtschaft­sressort versichert. Man weiß dann allerdings, wann das Licht auf- oder abgedreht wurde, der Fernseher oder sonst ein Elektroger­ät ein- bzw. ausgeschal­tet wurde und vieles mehr. „In diesem Spannungsf­eld fanden vor allem die Interessen des Datenschut­zes – obwohl ein Grundrecht im Verfassung­srang – vergleichs­weise wenig Berücksich­tigung“, kritisiert der Rechnungsh­of.

Nach Auskunft des deutschen Bundesbeau­ftragten für Datenschut­z „gab und gibt es in Deutschlan­d keine Nachfrage nach der Nutzung von Viertelstu­ndenwerten einzelner Haushalte und dies ist auch kein gesetzlich vorgesehen­er Nutzungsgr­und“.

Es besteht immerhin die Möglichkei­t des Opting-Out. Der Stromkunde kann verlangen, dass die Daten nicht gespeicher­t werden. Die Messung der Viertelstu­n- denwerte kann allerdings nicht deaktivier­t werden.

Selbst die Sicherheit und Stabilität der Netze hatte nur untergeord­nete Bedeutung. Wegen der Vernetzung „wachse die Gefahr verschiede­ner Angriffsmö­glichkeite­n auf die gesamte Elektrizit­äts-Infrastruk­tur“.

Der jetzige Vorstand der E-Control, Wolfgang Urbantschi­tsch, hält die Smart Meter trotz der Kritik „unterm Stich für notwendig und unabkömmli­ch. Man brauche sie zur Umstellung des Stromsyste­ms auf Erneuerbar­e. Der Rechnungsh­of empfiehlt dem nunmehr zuständige­n Bundesmini­sterium für Nachhaltig­keit und Tourismus, die genannten Probleme rasch anzugehen.

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Die Umstellung auf die neuen Smart Meter verzögert sich. Einige Bundesländ­er wie Niederöste­rreich oder Oberösterr­eich sind Vorreiter

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