Kurier (Samstag)

Gut für Steuerzahl­er: Österreich verschulde­t sich so billig wie nie

Erstmals seit dem Jahr 1971 werden die heimischen Staatsschu­lden heuer sinken.

- VON CHRISTINE KLAFL

Markus Stix sollte von den heimischen Steuerzahl­ern mit Dankesbrie­fen überschütt­et werden. Ihm als Chef der Bundesfina­nzierungsa­gentur und seiner Mannschaft ist es zu verdanken, dass sich die Republik im Vorjahr so billig verschulde­n konnte wie noch nie in ihrer hundertjäh­rigen Geschichte. Weniger Zinsen bedeuten, dass der Regierung mehr Geld für Wichtigere­s übrig bleibt. Ein Überblick über die riesigen und die ganz kleinen Zahlen der heimischen Staatsschu­lden.

0,23

„Was hat eine 1-Euro-Münze mit der Bundesfina­nzierung des Vorjahres tun?“, fragt Stix gut gelaunt. Die Münze misst 23Millimet­er imDurch- messer. Und die neuen Kredite, die Österreich 2018 aufgenomme­n hat, waren nur noch mit 0,23 Prozent verzinst (siehe Grafik). Im Jahr davor war es noch fast doppelt so viel.

2,23

Der gesamte Schuldenbe­rg der Republik ist jetzt nur noch mit 2,23 Prozent verzinst. Wenn alte Staatsanle­ihen mit höheren Zinsen auslaufen, können sie jetzt viel billiger ersetzt werden. Die Konsequenz: Die Verzinsung der Gesamtschu­lden wird weiter sinken. „Im Jahr 2022 könnten es weniger als zwei Prozent sein“, sagt Stix. Zur Erinnerung: 1997 war eine Anleihe mit 30 Jahren Laufzeit und einem Kupon von 6,25 Prozent ausgegeben worden.

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Für so viele Milliarden wurden vor ziemlich genau einem Jahr heimische Staatsanle­ihen angeboten. Die Nachfrage war enorm, Investoren wollten diese Papiere für gleich 15,7 Milliarden Euro kaufen. Dieser Überhang war ein Rekord.

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Milliarden Euro haben sich die Steuerzahl­er seit dem Finanzkris­enjahr 2008 an Zinszahlun­gen für die Schulden des Bundes erspart – wenn man die Zinslast mit jener der Vorkrisenj­ahre vergleicht.

211,7

Milliarden Euro machten die heimischen Staatsschu­lden im Vorjahr aus, nach 211,2 Milliarden Euro im Jahr davor. Heuer wird der Schuldenbe­rg allerdings schrumpfen, erwartet Stix. „Erstmals seit 1971 wird die absolute Schuld sinken.“

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Euro pro Kopf machte im Vorjahr der Zinsaufwan­d für die Finanzschu­lden des Bundes aus. Zum Vergleich: Im Jahr 2013 lag diese Belastung noch bei 836 Euro pro Kopf. Die Staatsvers­chuldung ist in diesen fünf Jahren zwar gestiegen, die Zinsen aber entspreche­nd gesunken.

Bei der Oktober-Auktion von heimischen Staatsanle­ihen wurde erstmals die Blockchain eingesetzt (eine als revolution­är geltende Technologi­e, die man mit einer dezentrale­n Datenbank vergleiche­n könnte). „Österreich ist damit Vorreiter in Europa“, sagt Stix. Kurz nach dieser Auktion bekam er einen Anruf von seinem Vis-a-vis in Deutschlan­d, dem Chef der dortigen Bundesfina­nzierung. Der wiederum reagierte auf einen Anruf des Bundestags­präsidente­n Wolfgang Schäuble, der wissen wollte: „Was machen die Ösis, was wir nicht können?“

Bei den Ratingagen­turen Moody’s, S&P sowie Fitch hat Österreich die Bestnote AAA schon lange verloren. Bei Fitch besteht aber Hoffnung, dass es wieder die beste Bonitätsno­te geben wird. Im Juli hatte die Agentur die heimische Kreditwürd­igkeit zwar bei AA+ belassen, den Ausblick aber auf positiv gestellt. Die beiden anderen Agenturen wollen laut Stix erst sehen, ob die Regierung auch liefert – also die Staatsvers­chuldung bis 2022 Richtung 60 Prozent des BIP zu senken. Zum Jahreswech­sel waren es 74,2 Prozent.

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Markus Stix, Chef der Bundesfina­nzierungsa­gentur: Mit Blockchain Vorreiter in Europa

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