Kurier (Samstag)

Ansturm auf geförderte Altersteil­zeit

42.000 Bezieher. AMS hat für heuer 466 Mio. Euro budgetiert. Neuregelun­g seit Jänner bringt Verschlech­terungen

- VON ANITA STAUDACHER 42.585*

Die demografis­che Entwicklun­g, die Ausweitung der Arbeitszei­t – Stichwort 12-Stunden-Tag – sowie die Anhebung des Antrittsal­ters ab Jänner 2019 sorgten im Vorjahr für einen regelrecht­en Run auf die geförderte Altersteil­zeit. Laut aktuellen Daten des AMS‚ die dem KURIER vorliegen, gab es mit Jahresende bereits 42.585 Bezieher von Altersteil­zeitgeld (Lohnausgle­ich während der Altersteil­zeit, Anm). Das sind um fast ein Fünftel mehr als 2017 und doppelt so viele wie vor fünf Jahren (siehe Grafik).

Die steigende Attraktivi­tät lässt die Kosten in die Höhe schnellen. Das AMS, das den Arbeitgebe­rn die Mehrkosten bis zu 90 Prozent ersetzt, rechnet heuer mit Ausgaben von 466 Mio. Euro. Bis 2024 ist ein Budget von 1,2 Mrd. Euro vorgesehen. Seit der Einführung der Altersteil­zeit im Jahr 2000 kostete die Förderung laut AMS-Daten rund 6 Mrd. Euro.

Die Kostenexpl­osion veranlasst­e die Regierung, das frühestmög­liche Antrittsal­ter in zwei Schritten bis 2020 um zwei Jahre hinaufzuse­tzen. Seit 1. Jänner dürfen Männer frühestens mit 59 und ab 2020 frühestens mit 60 Jahren einen Antrag stellen, Frauen mit 54 bzw. 55 Jahren.

Die Verlierer

Verlierer der Neuregelun­g sind ausgerechn­et Männer, die sehr lange Versicheru­ngszeiten aufweisen. So wie KURIER-Leser HansS., der als 1961 Geborener nicht wie geplant heuer und auch nicht im nächsten Jahr, sondern frühestens 2021 um Altersteil­zeit ansuchen kann. Kurz vor Weihnachte­n hätte er davon erfahren. „Meine Arbeitszei­t hat sich dadurch mit einem Schlag von zwei auf vier Jahre verdoppelt“, fühlt sich Herr S. von der Regierung gefrotzelt. „Man hat ja auch eine Lebensplan­ung.“Als Langzeitve­rsicherter hätte er zuvor nach vier Jahren Altersteil­zeit mit 62 in die Korridorpe­nsion wechseln können.

Herr S. sei kein Einzelfall, meint Johann Kalliauer, Präsident der Arbeiterka­mmer Oberösterr­eich. „Die Verschlech­terungen bei der Altersteil­zeit waren für viele, die sich bereits darauf eingestell­t haben, ein Schock.“Es hätte zumindest eine faire Übergangsf­rist geben müssen. Für Schwerarbe­iter, die mit 60 Jahren in Pension gehen, ist die Altersteil­zeit gar nicht mehr möglich. Dies betrifft vor allem Industriea­rbeiter. Auch Frauen würden durch die Neuregelun­g verlieren, so Kalliauer. Ihr Regelpensi­onsalter wird bekanntlic­h ab 2024 schrittwei­se angehoben – und damit auch das Mindestalt­er für die Altersteil­zeit. Trotz der Änderungen rechnet der AKOÖ-Chef mit weiterhin großemZusp­ruch. „Die Altersteil­zeit ist für Arbeitnehm­er wie Arbeitgebe­r ein attraktive­s Modell für einen gleitenden Übergang in die Pension.“Die AK fordert einen Rechtsansp­ruch auf Altersteil­zeit.

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Seit 1. 1. gilt ein höheres Mindestalt­er: Männer 59, Frauen 54

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