Frau seit einem Jahr vermisst
Seit einem Jahr vermisst. Jennifer Scharinger verschwand spurlos. Am Dienstag findet eine Gedenkmesse statt
Suche. Niemand geht davon aus, dass Jennifer Scharinger, 21, aus Brigittenau noch lebt.
Jennifer Scharinger trägt eine Wollhaube, lacht in die Handykamera. Daneben steht ihr damaliger Freund. Es ist das letzte Bild, das von der jungen Frau existiert. Aufgenommen wurde es vor fast genau einem Jahr: Am 22. Jänner 2018 um 1.16 Uhr in der Garage Universumstraße in Wien-Brigittenau. Amselben Tag wurde sie noch zur Mittagszeit beim Verlassen ihres Wohnhauses in der Ospelgasse gesehen. Seither fehlt von der damals 21-Jährigen jede Spur.
Dass Jennifer Scharinger lebend gefunden wird – davon geht niemand mehr aus. Selbst ihre Mutter, die seit damals beharrlich nach ihr sucht, geht vom Schlimmsten aus. „Der Jahrestag ist eine besonders emotionale Situation für die Familie“, sagt Anwalt Andreas Schweitzer. „Natürlich klammern wir uns an jeden Strohhalm. Aber wir sind sicher, dass der Polizei in absehbarer Zeit der Durchbruch gelingt. Es wird immer enger für den Täter.“
Mehrere Suchaktionen gab es bereits im nö. Waldund Weinviertel. Und auch Hausdurchsuchungen führte die Polizei durch. Auch wenn die Ermittler seit jeher von keinem konkreten Verdächtigen sprechen. Sämtliche Suchaktionen und Hausdurchsuchungen haben eine Gemeinsamkeit: Hinweise zum Ex-Freund.
Kellerabteil
Bei den Hausdurchsuchungen im Raum Schrems, NÖ, – dort lebt der junge Mann – waren die Ermittler auch auf der Suche nach einem großen, dunklen Koffer. Der fehlte nämlich aus einem Kellerabteil in Scharingers Wohnhaus. Der Koffer ist groß genug, um einen Menschen darin zu verstauen.
Fest steht, dass sie und ihr Freund in eben diesem Abteil auch Gegenstände abgestellt hatten – ein Missverständnis, wie sich später herausstellte. Denn es gehörte eigentlich einer Nachbarin. Gefunden wurde der Koffer bis jetzt nicht.
Und auch sonst dürften die Hausdurchsuchungen keine Ergebnisse gebracht haben. Doch die Ermittler lassen nicht locker. Immer wieder durchkämmen sie Seen und Waldgebiete. Cobra-Taucher suchten unter anderem schon den Grund des Ottensteiner Stausees ab. Zuletzt konzentrierte sich die Polizei bei den Suchaktionen konkret auf den Raum Hollabrunn. Die letzte große Suchaktion mit Leichenspürhun- den fand im vergangenen November statt.
Handydaten
Und auch das hat mit dem ExFreund zu tun. Denn dessen Handy war kurz nach dem Verschwinden von Jennifer Scharinger in dieser Gegend eingeloggt. Mitten in der Nacht. Ohne Bezug zu der Gegend. Was er dort getan hat, konnte er bis heute nicht schlüssig erklären.
Jennifer Scharinger hatte sich nur kurz vor ihrem Verschwinden von dem jungen Mann getrennt. Es soll einen heftigen Streit gegeben haben. Der Vater des Verdächtigen erklärte vor einigen Monaten dem KURIER: „Sie hatte ein Problem undmeinSohn hat sie darauf angesprochen. Da hat sie ihn aus der Wohnung geschmissen. Er wollte ihr eigentlich einen Heiratsantrag machen.“
Er sollte seine Sachen aus der Wohnung räumen – was er auch tat. Dass Jennifer Scharinger zu dem Zeitpunkt schon verschwunden war, dürfte ihn nicht verwundert haben. Ihre persönlichen Gegenstände, Geld und Aus- weise ließ sie in der Wohnung. Die Vermisstenanzeige machte Tage später ein Arbeitskollege.
Gedenken
Am Dienstag, dem Jahrestag des Verschwindens, treffen sich Familie und Freunde zu einem Gedenkgottesdienst in der Wiener Brigittakirche. Um 14 Uhr wird auch eine Sängerin vor Ort sein. Schon um 1.16 Uhr – jenem Zeitpunkt, an dem das letzte Foto gemacht wurde – wird es eine Mahnwache gegen Gewalt an Frauen geben.